Begonnen hat es 1981 als linke Kölner Vierer-Wohngemeinschaft. Heute ist daraus eine Agentur geworden, die über 400 internationale Fotografen vertritt. Der Geburtstag wird jetzt im Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK) gefeiert – mit der Ausstellung „40 Jahre laif – 40 Positionen dokumentarischer Fotografie“. 

Laif – der Name für die Agentur wurde bewusst gewählt, ein Wortspiel mit den englischen Wörtern Life-Leben oder live-lebendig. Oder, so Mitbegründer Manfred Linke: „Jetzt dabei sein.“ Ein Auftrag für das Selbstverständnis der Fotoreporter: immer hart dran am Leben. Dabei nicht den Blick für die Menschen verlieren. Und immer auch für das, was gerade nicht unbedingt im Mittelpunkt der – politischen – Diskussion steht. Ein Markenzeichen: In der Regel suchten sich die Fotografen ihre weltweiten Themen selbst und erst dann einen Abnehmer. Aufträge wie der von Christo an Wolfgang Volz, 1995 die Verhüllung des Berliner Reichstags zu fotografieren, sind die Ausnahme.    

Eine beispielhafte Auswahl aus vielen Millionen Fotos 

Aus jedem Jahr des Agentur-Bestehens hat Chefkurator Peter Blalobrzeski eine markante Reportage ausgesucht. Kein leichtes Unterfangen bei einem Archiv mit vielen Millionen Fotos. Doch der international renommierte Fotograf kannte sich aus, schließlich war er selber lange Jahre laif-Mitglied. Auszeichnungen waren jedenfalls kein Kriterium. 

So ist die Auswahl zwar subjektiv, aber sie überzeugt und spiegelt die gesamte Breite wider – gleichsam die DNA der Agentur. Zu sehen sind unter anderem ein Streifzug von Dirk Krüll durch das Ruhrgebiet, in dem  1984 das Ende der Montan-Industrie eingeläutet wurde. Ein Jahr später reiste Günter Beer durch Nicaragua, das sich gerade vom Bürgerkrieg erholte. 1995  erkundete Bettina Flittner das „Niemandsland“, den ehemaligen Todesstreifen zwischen Ost- und Westberlin. Peter Granser porträtierte 2000 das fröhliche Leben in der US-Rentnerkolonie Sun City. Ein brutaler Kontrast dazu das Leben im weltgrößten Slum Sbera nahe der kenianischen Hauptstadt Nairobi (Christian Als, 2007). 

Keine Einzelaufnahmen, sondern Reportagen 

Prostitution in Bangladesch, Angela Merkel, Medienzensur, Umweltverschmutzung, die Ahr nach der Flutkatastrophe, die Folgen islamistischen Terrors, die Computermesse Cebit in Hannover, Frauen in Deutschland oder italienische Männer sind weitere, meist langfristig angelegte Themen. Auf spektakuläre Einzelaufnahmen wird verzichtet, die Fotos zeichnen sich durch einen nüchternen Blick aus – und stellen so gerade in der Reportagen-Serie die Frage, welche Rolle der Mensch in dieser Zeit spielt und welche Verantwortung er für den Zustand der Welt trägt. (Hier wünschte man sich ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis im Katalog, der sich ansonsten durch seine originelle Gestaltung auszeichnet). Eine Bilderwand im Treppenhaus des Museums listet ausgewählte weitere Ereignisse aus den einzelnen Jahren auf. 

So unterschiedlich die Themen, so abwechslungsreich ist auch die Präsentation der Fotos. Keine langweilige 08/15-Aneinanderreihung wie man sie aus anderen Ausstellungen kennt. Stattdessen ein Wechsel zwischen gerahmten und ungerahmten Aufnahmen, zwischen verschiedene Größenn. Vor allem aber ein originelle Einfall: Viele Fotos sind auf Zeitungspapier gedruckt. Eine Hommage auf die erste laif-Veröffentlichung: die Brokdorf-Sonderausgabe des Kölner Volksblatts. 

Am Anfang waren die Anti-Atom-Proteste in Brokdorf 

Diese Fotoreportage über Brokdorf war 1981 die Geburtsstunde von laif. Bei dem Protest gegen das geplante Atomkraftwerk kam es zwischen den Demonstranten und der Polizei zu heftigen Auseinandersetzungen. Damals wurde quasi der Grundstock für das politische Selbstverständnis und die Herangehensweise der Agentur gelegt. „Nicht als Einzelkämpfer, sondern mit gemeinsamen Anliegen selbst aktiv werden“ – so die Devise, mit der die Gruppe startete. 

Vor Ort war in Brokdorf damals Agentur-Gründungsmitglied Manfred Linke. Auch in Wackersdorf war er später dabei. Hier sollte eine Wiederaufbereitungsanlage für Brennelemente aus Atomkraftwerken gebaut werden. Anders als in Brokdorf hatten die Proteste dagegen hier Erfolg. 

Von der Südstadt in den Kölner Norden 

In den 90er Jahren lag die laif-Zentrale in der Kölner Südstadt. „Wir hatten ein riesiges Archiv für die analogen Bilder“, erinnert sich der 66-jährige Manfred Linke. Mit der Einführung der Digital-Fotografie und damit der elektronischen Archivierung nahm der Platzbedarf dann ab. Heute reicht ein Büro in Nippes. Geändert hat sich mit zunehmender Fotografenzahl auch die Organisation. Die Mitglieder verhandeln nicht mehr selber mit ihren Abnehmern, dies übernimmt das Büro. 

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Foto 1: Jürgen Schön – Blick in die Ausstellung „40 Jahre laif“: Links der Themenblock „Generation Boule Falé“ von André Lützen mit Porträts von Rap-Musikern in Marseille und Dakar (2001), rechts Wolfgang Volz’ „Reichstags-Verhüllung Berlin“ (1995) 

Foto 2: Jürgen Schön – laif-Mittbegründer Manfred Linke vor Fotos seiner Brockdorf-Dokumentation aus dem Jahr 1981. 

Foto 3: Axel Krause/laif: „Medellin/Kolumbien: Autodefensa-Gruppe kämpfen gegen Jugendbanden“ (1990).

Foto 4: Manfred Linke/laif: „Wackersdorf 18.5.-19.05.1986“, bei Protesten von Gegnern der geplanten atomaren Wiederaufbereitungsanlage bei Wackersdorf, kam es zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei.  

Zeiten:

noch bis zum 25. September 2022

Preise:

Eintritt: 6,00 €
Ermäßigt: 3,00 €

Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:

Museum für Angewandte Kunst Köln
Adresse: An der Rechtschule, 50667 Köln
Webseite: https://makk.de/40-Jahre-laif
KVB:
Linien 3, 4, 5, 16, 18: Dom/Hbf.

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