Wem gehören bloß diese Werke?
Einmal ein lange ungelöstes Rätsel entschlüsseln – davon träumt wohl jeder. Den Kunsthistorikern des Wallraf-Richartz-Museum ist jetzt dieser Coup gelungen. Sie konnten ein Konvolut anonymer Zeichnungen dem deutsch-italienischen Rokokomaler Joseph Ignaz Appiani zuordnen. Der hat immerhin in Süddeutschland und der Schweiz zahlreiche Kirchenfresken geschaffen. Und die Kunstakademie Mainz gegründet. Das Ergebnis der Forschungsarbeiten wird jetzt in der Ausstellung „Abenteuer Appiani“ präsentiert. Eine lehrreiche und kurzweilige Mitmach-Schau.
Auf die Spur gebracht hatte die falsche Signatur auf einer Zeichnung in der Grafischen Sammlung des Museums. Die sollte angeblich von Girolamo Troppa stammen. Wie aber sollte das Papier mit dem Wasserzeichen einer Werkstatt nördlich der Alpen Ende des 17. Jahrhunderts nach Rom gekommen sein, wo Troppa arbeitete? Jetzt fiel den Experten die Ähnlichkeit mit rund 150 Zeichnungen aus dem Nachlass von Museumsgründer Wallraf auf, die nicht signiert waren. Charakteristisch unter anderem der lockere Strich und die gekonnten Lavierungen.
Vor Ort die Skizzen in die Wandbildern gesucht
Das war der Startschuss für den Grafik-Spezialisten Michael Venator. Nach einer aufwändigen und langjährigen Internet-Recherche mit dem Vergleich zahlreicher Fotos durch die Museums-Mitarbeiter machte er sich mit der Kamera auf den Weg durch die Kirchen und Klöster, für die Appiani (geboren 1706 wohl in München, gestorben 1785 im unterfränkischen Triefenstein) seine Fresken geschaffen hatte.
Er wurde fündig und entdeckte den Maler als peniblen Vorbereiter auch der kleinsten Details, die oft in den großen Bildern untergehen. Was Venator fand, kann der Besucher der Ausstellung gleichsam hautnah nachvollziehen. Dabei hilft ihm die gekonnte Zusammenstellung von Skizze und den Fotos der Fresken.
Studien auch für fast unsichtbare Details
Ganz einfach ist das allerdings nicht immer. Zum Beispiel die Kreidestudie eines Hinterkopfes mit Halbglatze: Man muss schon etwas suchen, um ihn im Dunklen am rechten Rand der „Fußwaschung“ im Dom zu Arlesheim bei Basel wiederzufinden. Zu einem wahren Such- und Finde-Spiel laden die Arm- und Fußstudien für das Hochaltarbild „Der Apostel Jakobus auf dem Weg zu seiner Hinrichtung“ in St. Jakobus in Bad Kissingen ein.
Sofort ins Auge springt dagegen der Männerkopf mit einem Federbuschhelm im Salon des Schlosses Hautville in Saint-Legier-La Chiesaz am Genfer See. Oder Bacchus, der – schwarze Kreide, weiß gehört – mit Speer und Trinkpokal auf einer Wolke thront. Als Fresko ausgeführt, darf er in einem Deckengemälde in Schloss Seehof im fränkischen Memmelsdorf seine Gefolgschaft anführen.
Unklar, wie das Konvolut nach Köln kam
Wie aber kamen diese Skizzen in den Besitz von Ferdinand Franz Wallraf (1748-1824)? Hinter dieser Frage steht immer noch ein Fragezeichen. Die Vermutung: Wallraf hat – das ist belegt – auch die Kunstakademie in Mainz besucht. Und dabei höchstwahrscheinlich auch dessen Gründer getroffen. Und vielleicht die Skizzen als Geschenk oder gekauft mit nach Köln gebracht. Auf jeden Fall aber unsigniert.
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Foto 1: Stefan Swertz – Sieben Studien von Joseph Ignaz für das Altarbild „Der Apostel Jakobus auf dem Weg zu seiner Hinrichtung“ – und das fertige „Original“.
Foto 2: Dieter Bongartz/WRM – Joseph Ignatz Appiani: Studie zu einer schwebenden Figur mit Kanne und Schale, Vorstudie für das Refektorium des Prämonstratenserklosters Obermarchtal (schwarze Kreide mit Weißhöhung).
Zeiten:
bis zum 6. Juni 2022
Preise des Museums:
Eintritt:
Erwachsene: 8,00 €
Ermäßigt: 4,50 €
Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:
Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
Adresse: Obenmarspforten, 50667 Köln
Telefon: 0221 – 221 211 19
Webseite: https://www.wallraf.museum/ausstellungen/aktuell/2022-03-18-appiani/
KVB: Linie 5: Rathaus
Linien 1, 5, 7, 9: Heumarkt