Wallraf-Richartz im Liebestaumel

Liebe kennt Höhen und Tiefen. Die Schlager, sie wissen ein erfolgreiches Lied davon zu singen, doch gab es sie vor 400 Jahren noch nicht. Dafür ergötzten sich die Menschen am Bestseller „Amorum Emblemata“: 144 Mal werden hier die Facetten der Liebe durchdekliniert. 24 Bilder daraus zeigt jetzt das Wallraf-Richartz-Museum in seiner vergnüglichen Kammer-Ausstellung „Amor ist ewig – Liebeslektüre zur Rubenszeit“.

Amor kannten schon die alten Griechen. In ihrer Mythologie war er der Sohn von Venus, der Göttin der Schönheit und des erotischen Verlangens, und des Kriegsgottes Mars. Kein Wunder, dass sich in ihm sowohl die angenehmen wie die kämpferischen Charakterfacetten vereinigten. Bisweilen handelte Amor auf Befehl seiner Mutter, ging aber auch aus eigenem Antrieb mit Pfeil und Bogen auf die Jagd, um Mann und Frau zusammenzuführen. Wer von ihm getroffen wurde, verfiel dem Liebestaumel.

Liebesgott Amor treibt seinen Schabernack

Der kleine geflügelte Liebesgott überlistet selbst den schlauen Fuchs und ist alles andere als ein Angsthase, wenn es gilt, Hindernisse zu überwinden. Krokodilstränen durchschaut er, er entfacht Liebesfeuer und steht selber in Flammen. Er sorgt für die nötige Dunkelheit, wenn sich die Liebelei im Verborgenen abspielen muss. Auch einen alten Baum kann er noch zum Blühen bringen. Er setzt auf gegenseitige Liebe – und wenn es endgültig gefunkt hat, pustet er das Schiff der Verliebten in den Hafen der Ehe.

144 solcher Episoden schilderte der flämische Maler und Rubenslehrer Otto van Veen in seinem 1608 erschienenen „Amorum Emblemata“. Meisterhaft umgesetzt wurden seine Zeichnungen von Kupferstecher Cornelis Boel. Auf der einen Seite des Buches das Bild in einem ovalen Rahmen, auf der anderen dessen Motto und die erklärende Bildzeile – je nach Auflage in Latein, Niederländisch, Französisch oder Italienisch. 

Auch der Dichter Petrarca wird in Bildern „zitiert“

Es war sicher keine Lektüre für Jedermann, selbstverständlich auch nicht für Jedefrau. Zunächst musste das nötige Geld für das Buch „Amorum Emblemata“ da sein. Und Lesen können allein reichte nicht, man sollte auch schon Kenntnisse der Antike, zeitgenössischer Philosophen oder berühmter Schriftsteller wie Petrarca haben – denn Liebe ist ein uraltes Thema. Kenntnisse, die für die gebildeten Antwerpener seinerzeit wohl selbstverständlich waren. Und die Sprichworte und Redewendungen über die Liebe kannten sie natürlich auch.

Wie wichtig van Veens Buch genommen wurde, zeigt das Gemälde eines Vanitas-Stilllebens, mit dem die Ausstellung beginnt. Darauf zu sehen neben Totenkopf und Seifenblase auch eben das Titelbild eben dieses Buches. Darauf zu sehen: Amor mit seiner Mutter Venus vor einer dunklen Grotte. Schon damals wusste man: Im Dunkeln ist gut munkeln.

Auftakt einer Ausstellungs-Trilogie

Ergänzt wird die Auswahl aus „Amorum Emblemata“ mit anderen Amor-Bildnissen, etwa von Hendrick Goltzius oder Hans von Aachen. Doch ach, aus dem putzig-nackten kleinen Putto wird hier allzu oft ein muskelgestählter Jüngling. Wie im Kupferstich von Jan Harmensz. Muller, in dem sich Amor der schlafenden Psyche nähert. Und die alten Bilder von menschlich-weltlicher Liebe wurden nahtlos umgeformt, um das hohe Lied der Liebe zu Gott zu singen.

Die aktuelle Ausstellung ist Auftakt zu einer Trilogie, mit der sich das Graphische Kabinett des Museums in diesem Jahr dem Thema Liebe widmet. Es folgen „Liebe am Abgrund – Edvard Munch, Max Klinger und das Drama der Geschlechter“ und „Liebe, Macht & Ohnmacht – Judit, Delilah & Co.“. Und wem diese Kammerausstellung nicht reicht, den führt ein Faltblatt zu sieben Gemälden im Haus, die sich mit den Facetten der Liebe beschäftigen. 

Foto 1: Dieter Bongartz – Cornelis Boel nach Otto van Veen, Emblem Schlag auf Schlag, aus: Amorum emblemata, Antwerpen 1608, Kupferstich, Graphische Sammlung, Wallraf-Richartz-Museum

Foto 2: Dieter Bongartz – Cornelis Boel nach Otto van Veen (1556–1629) Frontispiz der Amorum Emblemata, Antwerpen 1608, Kupferstich, Graphische Sammlung, Wallraf-Richartz-Museum

Zeiten:

bis zum 24. Mai 2020

Preise des Museums:

Eintritt: 
Vollzahler: 13,00 €
Ermäßigt: 8,00 €

Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:

Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
Adresse: Obenmarspforten, 50667 Köln
Telefon: 0221 – 221 211 19
Webseite: www.wallraf.museum/ausstellungen/aktuell/2020-02-14-amor-ist-ewig
KVB: Linie 5: Rathaus
Linien 1, 5, 7, 9: Heumarkt

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