Ein verspätetes Highlight
Sie war als spektakulärer Schlusspunkt für das vergangene Jahr geplant, doch Corona machte dem Team vom Museum Ludwig und allen Kunstfreunden einen Strich durch die Rechnung. Doch jetzt ist es soweit: Mit drei Monaten Verspätung wurde die große Ausstellung „Andy Warhol Now“ eröffnet. Die erweiterte Übernahme von der Londonder Tate Modern erweist einem der ganz großen Künstler des vorigen Jahrhunderts mit über 100 Exponaten die Referenz – 30 Jahre nach seiner letzten Retrospektive in Köln.
Durch Andy Warhol (1928 als Andrew Warhola in Pittburgh geboren, 1987 in New York gestorben) wurde die Pop Art in den 1960er Jahren erst zur wahren populären Kunst. Er machte den Alltag zu seinem Thema – holte Gebrauchsgegenstände wie Cola-Flaschen oder Waschmittelkartons gleich en gros auf die Leinwand oder adelte sie zu Skulpturen. Er machte die Promis seiner Zeit – ob aus Kultur oder Politik – noch populärer. Und er bereitete mit seiner Kunst den Weg für die gesellschaftliche Anerkennung von „Queer“, wenngleich er nie als politischer Aktivist auftrat.
Frühe unbekannte homoerotische Zeichnungen
Überwiegend chronologisch aufgebaut, können die Besucherinnen und Besucher Warhols künstlerische und inhaltliche Entwicklung verfolgen. Es beginnt mit Gemälden aus seiner Studienzeit, die zwischen Expressionismus und Impressionismus schwanken. Schon damals auch Selbstporträts, etwa als Nasenbohrer (1948), später dann zum Beispiel mit wuchtigen Perücken als Frau. In einem Nebenraum seine eher unbekannten, homoerotischen Zeichnungen männlicher Akte.
Nach seiner Tätigkeit in der Werbebranche wurde er in den 1960er Jahren in der Kunstwelt vor allem auch durch seine Siebdruck-Serigraphien bekannt, mit denen er die Celebrities seiner Zeit in grellen Farbvariationen porträtierte: Jacqueline Kennedy, Mao Tse-Tung, Marilyn Monroe, Elvis Presley – heute sind sie Ikonen der Pop Art. Dass sie aber nur ein relativ kleiner Teil seines Oeuvres sind, macht diese Ausstellung klar.
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Plattencover und Titelbilder für „Interview“
Promi-Porträts zierten auch die Titelbilder der Zeitschrift „Interview“. Ein eigener Raum ist den Porträts der New Yorker Queer-Szene gewidmet. Ein anderer den Plattencovers, die er gestaltete: Für die Stones, Debbie Harry oder John Lennon ebenso wie für Jazz und klassische Musik. Warhol machte Kunst zur museumsreifen Massenware. Wer weiß, wie er die Möglichkeiten des Internets genutzt hätte.
Doch nicht nur „Flachware“ für den Kunstmarkt und Werbegrafik war Warhols Metier. In seiner Factory entstanden Kinofilme, mit seinem TV-Format „Andy Warhol’s Fifteen Minutes“ erfüllte er in den 1980er Jahren mit seinen Kurz-Interviews das Versprechen, dass in Zukunft jeder 15 Minuten weltberühmt sein werde. Ein Heilsversprechen, dass hier auf 16 ringförmig angeordneten Monitoren präsentiert wird – an den Wänden umrahmt von Bildern des letzten Abendmahls, einem Kreuz, von Lenin und einem Selbstporträt. Wie Warhols Kunst – diese Ausstellung macht es deutlich – auch starke katholische Wurzeln hat.
Intensive Beschäftigung mit dem Tod
Aus diesen – eng verwoben mit der Herkunft seiner Familie aus der Ostslowakei – rührt sicher auch Warhols stetige Auseinandersetzung mit dem Tod. So schon in seiner frühen Arbeit „A Woman`s Suicid“ (1962), bei der er das Foto einer aus dem Fenster stürzenden Frau gleich 35 Mal nebeneinander zeigt. Oder in seinen Foto-Variationen eines Elektrischen Stuhls.
Seine New Yorker Factory wurde zum Treffpunkt der Kulturszene, zahlreiche Fotos geben Zeugnis von den Partys und deren Besuchern. Hier trat auch die von ihm protegierte Band „Velvet Underground“ mit der Kölnerin Nico auf.
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Foto 1: Jürgen Schön – „Andy Warhol Now“: Blick in die Ausstellung mit Siebdruck „Mao Tse Tung“ und Wandtapete.
Foto 2: Jürgen Schön – „Andy Warhol Now“: Blick in die Ausstellung.
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Zeiten:
bis zum 13. Juni 2021
Preise:
Eintritt:
Erwachsene: 13,00 € zzgl. 1,80 € VVK-Gebühr
Ermäßigt: 8,50 € zzgl. 1,35 € VVK-Gebühr
Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:
Museum Ludwig, Köln
Adresse: Heinrich-Böll-Platz, 50667 Köln
Telefon:
0221 – 221 261 65
Webseite: www.museum-ludwig.de/de/ausstellungen/andy-warhol-now
KVB:
Linien 5,16, 18: Dom/Hbf
Linie 5: Rathaus