Die Kunst des Alltags

321 erlaubte es der römische Kaiser Konstantin, Juden in den Kölner Stadtrat aufzunehmen. Sein Dekret gilt als ältestes Zeugnis für die Existenz jüdischer Gemeinden in Deutschland. Anlass, 2021 „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ zu feiern. In die Reihe der zahlreichen bundesweiten kulturellen und politischen Veranstaltungen reiht sich jetzt auch das Museum Ludwig mit der Installation „Grünanlage“ von Boaz Kaizman ein. 

Zu sehen sind in der Auftragsarbeit des Vereins „2021. Jüdisches Leben in Deutschland“ auf sieben Projektionsflächen 16 Videos, jedes eine gute Viertelstunde lang und über Kopfhörer zu verfolgen. In ihnen erlaubt der seit 1993 in Köln lebende Künstler (1962 in Israel geboren) einen Einblick in seinen Alltag, seine Arbeit und seine Gedankenwelt – stellvertretend für jüdisches Leben heute in Deutschland. Und oft einfach ganz selbstverständliches „normales“ Leben. 

Die Besucher dürfen beim Kochen und Joggen zusehen 

Wir sehen ihn beim Kochen und beim Einkaufen. Die Kamera fängt Obdachlose in Köln ein. Zeigt einen Dirigenten und ein Musiker-Quartett. Ein Philosoph spricht über Hannah Arendt, der israelische Schauspieler Dov Glickman über das Jiddische. Es wird an Ludwik Lejzer Zamenhof erinnert, den Erfinder der Kunstsprache Esperanto. Nüchtern Dokumentarisches, oft mit der Handkamera aufgenommen, und Experimentelles wechselt mit Animationen. 

Der Ausstellungstitel „Grünanlagen“ ist eher einem skurrilen Zufall zu verdanken. Denn Grünanlagen – Parks, Wiesen, Wälder, Streuobstwiesen – kommen auch in Kaizmans Videos vor, etwa wenn er beim Joggen zu sehen ist. Im Austausch mit Kuratorin Barbara Engelbach stellte sich heraus, dass es in keiner anderen Sprache ein entsprechendes Wort gibt. Nur im modernen Hebräischen – in den 1920er Jahren von deutschen Linguisten entwickelt – gibt es mit „Maarecht Jeruka“ einen exakt entsprechenden Begriff. 

„Das Bild verlangt nach dem Wort“ 

So verbindet dieses Wort deutsche und jüdische Geschichte, verbindet Vergangenheit und Gegenwart. Und steht stellvertretend für Kaizmans Kunstverständnis: „Das Bild verlangt nach dem Wort“. Dies wird untermauert von einer Leihgabe der Kölner Germania Judaica, Europas größte Spezialbibliothek: Sie stellt 1.700 Bücher bereit, die sich mit jüdischem Leben und Geschichte beschäftigen. Lexika zu Geschichte, Kultur oder Literatur ebenso wie Biographien oder Werke von jüdischen Schriftstellern wie Franz Kafka, Heinrich Heine oder Maxim Biller. 

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Foto 1: Jürgen Schön – Boaz Kaizman im Museum Ludwig vor zwei Videos seiner Installation „Grünanlagen“. 

Foto 2: Boaz Kaizman – Boaz Kaizman: „Kochen“ ( 2021).

Zeiten:

bis zum 16. Januar 2022

Preise:

Normal: 13,00 € zzgl. VVK-Gebühr
Ermäßigt: 8,50 € zzgl. VVK-Gebühr 

Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:

Museum Ludwig, Köln
Adresse: Heinrich-Böll-Platz, 50667 Köln
Telefon:
0221 – 221 261 65
Webseite: https://www.museum-ludwig.de/de/ausstellungen/boaz-kaizman-gruenanlage.html
KVB:
Linien 5,16, 18: Dom/Hbf
Linie 5: Rathaus

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