Schäl im Zwiespalt zwischen Profit und Familie
Dieses Haus ist einfach ein Heilmittel, das kein Rezept benötigt: das Hänneschen Theater. Ein bisschen Abwechslung vom Corona-dominierten Alltag? Das mehr als 200 Jahre alte Theater am Eisenmarkt beweist auch mit dem diesjährigen Weihnachtsmärchen „Chressdaachswünsch“, dass es dafür perfekt geeignet ist. Dabei schlägt es allerdings zeitweise einen Ton an, den man von den Vorführungen im Hänneschen nicht unbedingt gewohnt ist.
Schäl und das Geschäft – das passt wie die Faust aufs Auge. Oder auch nicht. Während der listige Knollendorfer mal wieder eine Geschäftsidee aus dem Hut gezaubert hat, ein Süßwaren-Geschäft, steht die Konkurrenz nicht still und der Konkurrenzstreit findet seinen Höhepunkt in einem Wettkampf um den besseren Christstollen. In der Folge sticht der Christstollen der Konkurrenz den Stollen von Schäls angestelltem Konditormeister aus, woraufhin Schäl – natürlich – die Fassung verliert und in einen tragischen Unfall verwickelt wird, an dessen Ende die Engelchen schon auf ihn warten. Nebenher lüften Hänneschen & Co. mal eben das Geheimnis des heiligen Nikolauses, also alles beim Alten im Knollendorfer Abenteuerland.
Vier Akte und tolle Szenerien
Die in vier Akten mit drei gewohnt abwechslungsreichen Szenerien aufgeteilte Geschichte, von Kult-Autor Udo Müller geschrieben, kreist dabei vor allem um die Bedeutung materieller und emotionaler Besitztümer und erzählt liebevoll, mit welchen Verlusten und Gefahren eine auf materiellen Besitz fokussierte Lebensweise einhergeht.
Das passiert allerdings weder mit dem erhobenen Zeigefinger, noch mit einem allzu dröhnenden moralischen Unterton. Mit einer Menge Witz und wohlfühligem Charme schaffen es die Knollendorfer mal wieder, Moral und Ethik, thematisch passend zur Weihnachtszeit, in eine packende Geschichte zu verpacken, auch wenn sich diese, trotz der tragischen Kehrtwende, nicht sonderlich von anderen Inszenierungen des Theaters abhebt. Musikalisch unterlegt und begleitet mit einer Vielzahl an Weihnachtstönen und -liedern, die gerne auch mitgesungen werden dürfen, schnüren sie damit das perfekte Weihnachtspaket und inspirieren sowohl zum geselligen Weihnachtsabend mit der Familie.
Der etwas andere Ton
Dass die Geschichte dieses Mal einen etwas anderen Unterton innehat, liegt natürlich an dem tragischen Unfall von Schäl. Im Krankenhaus kämpft er um Leben und Tod, was doch ziemlich überrascht – und den Reaktionen des Publikums nach zu urteilen, zog sich diese Überraschung durch den gesamten Saal. Da die Inszenierung jedoch Groß und Klein als Zielgruppe hat, muss sich niemand Gedanken machen, dass Grenzen überschritten werden. Das würde auch gar nicht passen, auch wenn hier und da gerne mal grobschlächtiges kölsches Mundwerk seine höchst amüsanten fünf Minuten hat.
Wie zumeist im Hänneschen Theater gilt also auch bei „Chressdaachswünsch“: Wer Lust auf Spaß und Freude hat, der ist hier gut aufgehoben – und sollte die Inszenierung einfach nicht verpassen. Passend zur Weihnachtszeit und zu aktuellen Zeitströmen erzählt das Stück eine Geschichte von Besitz und allen anderen Dingen, die im Leben einfach wichtiger sind. Und wer weiß, vielleicht hat Schäl aus dem Ganzen ja etwas gelernt? Wobei, das wäre dann wahrlich zu viel des Guten, neben all der heilenden Wirkung, die das Stück mal wieder mit sich bringt…
Unser Bärbelchen-Wertungsschema (max. 5 Bärbelchen)
Geschichte
Bühnenbild
Musik
Herz + Atmosphäre
————————–
Fotos: Hänneschen Theater/Stadt Köln
————————–
Anzeige: Solltet ihr über den Ticketlink eine Karte kaufen, erhalten wir eine Provision. Das hat allerdings keinerlei Auswirkungen auf die Art und Weise unserer Berichterstattung.
Zeiten:
noch bis zum 20. Dezember 2021
Preise:
Erwachsene: ab 15,00 €
Kinder: 8,50 €
Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:
Hänneschen Theater
Adresse: Eisenmarkt 2 – 4, 50667 Köln
Telefon: 0221 – 258 12 01
Webseite: www.haenneschen.de
KVB:
Linien 1, 5, 7, 9: Heumarkt