Tod gegen Lebendig
Auch die Kölner Poetry-Slam-Bühnen haben sich nach der Coronapause wieder zurückgemeldet. „Reim in Flammen“, der größte Kölner Veranstalter in diesem Bereich, hat mit der Comedia ein Format aufgelegt, das es in anderen deutschen Städten schon seit langem gibt: Dead Or Alive. Dabei leihen Schauspieler:innen den großen Literat:innen der Vergangenheit Körper und Stimme und lassen sie so gegen die lebendigen Bühnenpoet:innen des Landes im Wettbewerb antreten.
Am letzten Mai-Sonntag, boten die Slammer:innen eine bunte Mischung sehr verschieden gestimmter Texte: Sandra DaVina aus Essen beschrieb mit Reim und Vers eine letzten Endes versöhnliche „Familienfeier nach Art des Hauses“ im alten Stammrestaurant, Kaleb Erdmann aus Düsseldorf bot einen politischen Text über „Die gespaltene Gesellschaft“, Leticia Wahl aus Kassel eine schmerzhafte Liebesgeschichte, eingebettet in ein „Versteckspiel über das Vergessen“, und Anna Teufel aus Nürnberg eine intime erotische Liebeserklärung an eine Frau.
Auf in den Kampf: die einen nur wortreich, die anderen auch kostümiert
Während sich die Slammer:innen an die übliche Regel halten mussten, keine große Performance, sondern nur Sprache aufzubieten, gingen die Schauspieler:innen des Comedia-Theaters mit Kostümen und action in die Vollen: Maximilian von Ulardt rezitierte und spielte eine dramatische Stelle aus E.T.A. Hoffmanns „Der Sandmann“, Hannah Holthaus einen Dialog aus Friedrich Schillers „Maria Stuart“, und Janine D‘Aragona verschnitt Erich Kästners „Die unverstandene Frau“ mit Bob Marleys „I Shot the Sheriff“.
Nur Klaus Schweizer kam ohne Kostüm aus, er brachte mit „Betrachtungen über Galileo Galilei“ einen wissenschaftshistorischen Sachtext. Moderiert wurde die Veranstaltung von Luca Swieter, die auch die Wertungen organisierte, bei denen dann die Toten mit 86 Punkten den Lebenden mit 92 unterlagen.
Die Auftritte seiner Kolleginnen und Kollegen in der Comedia hat dieses Mal Michael Domas dokumentiert und kommentiert. Er mischt auch selber in der Kölner „Dead and Alive“-Szene mit: Mit seiner Reihe „poetry und Poesie“ ist er Stammgast im Nippeser „Heimathirsch“. Dorthin lädt er regelmäßig Slammerinnen und Slammer ein, auf deren Texte er mit klassischen und modernen Gedichten antwortet und so den Dialog herstellt. Nach der Sommerpause ist am 27. September Heinz Göring – der „unglaubliche Heinzzzzzz“ – sein Gast.
Auch „Reim in Flammen“ setzt sein Potpourri fort. Erst mal aber bringen sie gemeinsam mit dem Comedia Theater am 7. September und 9. November wieder eine handverlesene Auswahl der Besten ihrer Zunft auf die große Bühne und laden zum „Best of Poetry Slam“ ein.
Auf ihre Bühnen zurückgekehrt sind schließlich Alexander Bach mit seinem „The Word is not enough“ ins Blue Shell auf der Luxemburger Straße und No Limit mit „Wort ohne Grenzen“ im Limes in Mülheim. Nach der Sommerpause geht‘s weiter, in der Richard-Wagner-Straße auch mit „Die Wohngemeinschaft liebt Reim in Flammen“.
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Foto 1: Nicolai Stabusch – Leticia Wahl steppt auf der Comedia-Bühne ihr Gedicht vor den MitstreiterInnen.