Ich Schön. Du Schön. Ich? 

Die Schönheit bestimmt unser aller Leben, in vielerlei Formen. Ob natürliche, inszenierte oder auferlegte, wir alle streben danach, egal in welchen Bereichen. Doch was ist Schönheit überhaupt? Ist sie klar definierbar und strikten Zuschreibungen unterlegen? Oder gründet sie rein auf individuellen Idealen, ursprünglich verankert im Wirrwarr eigener seelischer Bedürfnisse? Wir könnten uns hier nun großspurig an einer Definition des Wortes „Schönheit“ versuchen, immerhin haben schon viele große Denker der Vergangenheit an einer Definitionsfindung gearbeitet. Da wird es mit Sicherheit irgendetwas geben, was man verwenden könnte. Aber wir belassen es einfach mal dabei. Übergeben wir diese Aufgabe doch lieber dem Künstler*innen-Kollektiv Spiegelberg, das sich mit seiner Produktion „Die Schönen und die Genialen nach O. Wilde“ auf die Spuren Oscar Wildes‘ begibt, aktiv den Diskurs mit dem Schönheitsbegriff suchend. Den einzigen Roman des irischen Schriftstellers im Anschlag, „Das Bildnis des Dorian Gray“, setzt sich das 14-köpfige Team mit der Schönheit selbst auseinander, versucht sich an einer Einordnung dieser im kollektiven und individuellen Erleben und ergründet die Seele auf vielfältige ästhetische Weise.

Morgen. Gestern. Jetzt.

Es ist doch immer schön, wenn ein Klassiker der Weltliteratur aktuelle Befugnis hat. Die Geschichte dürfte den meisten von uns bekannt sein, auch wenn man sie nur über Ecken mal gehört hat: Dorian Gray, seines Zeichens Schönling sondergleichen, gelangt in den Besitz eines Selbstbildnisses, das Dorians seelische Abgründe offenbart. Während sein eigenes Äußeres unberührt bleibt, zeichnet die Zeit tiefe Furchen in das Porträt und zeigt den wahren Charakter des Protagonisten. Ob da die Parallele zu gegenwärtigen Inszenierungskulturen rein zufällig ist? „Etwaige Ähnlichkeiten sind natürlich überhaupt nicht beabsichtigt“, gibt Jonas Baeck zu, ein verschmitztes Lächeln vermag er allerdings nicht zu verbergen. „Wildes‘ Roman beschäftigte sich schon im 19. Jahrhundert intensiv mit den Themen Narzissmus, Selbstinszenierung und der Frage nach der Schönheit der Dinge. Natürlich sind Parallelen zu heutigen Phänomenen erkennbar – und diese verarbeiten wir auch bewusst in der Aufführung.“

Ich. Wir. Uns?

Auf der Suche nach der Bedeutung eigener Schönheitsideale begibt sich das Kollektiv dabei aber nicht zwangsläufig in eine Auseinandersetzung mit dem Roman an sich, sondern vielmehr in eine Auseinandersetzung individueller und kollektiver Wahrheitsfindung. Was ist schön? Was ist hässlich? Welche Bedeutung hat Schönheit für den Einzelnen und wie wird sie im Kollektiv wahrgenommen? Und welche Auswirkungen ergeben sich daraus auf jeden Einzelnen, gerade im Hinblick seelischer Bedürfnisse? „In der Inszenierung dreht sich alles um den sogenannten Pulk“, sagt Katrin Mattila, die wie Jonas eine von fünf Performer*innen ist. „Und in diesem Pulk kommen alle unterschiedlichen Ansichten zusammen, sie bedingen sich gegenseitig und fressen sich gleichzeitig auf.“ Ein Pulk, bestehend aus vielen Einzelteilen, der immer wieder auseinanderbräche, um sich immer wieder neu zu finden und der so Raum für die Individualität eines jeden Einzelnen gewährt. „Am besten lässt sich das wohl mit fünf Inseln vergleichen, die sich zu einem multiperspektivischen Wesen zusammenfinden, das sich durch dessen Streben nach Schönheit auszeichnet“, erklärt Jonas weiter. „Wo beginnt das Individuelle, wenn das Kollektive bestimmt? Welche Rolle spielen Widersprüchlichkeiten in einem Leben, das in sich selbst schon widersprüchlich ist?“

Bilder.

Diese nach Wahrheit trachtende und sich immer wieder aufs Neue findende Körperinstallation bestimmt dann auch zu großen Teilen die Inszenierung, angereichert mit verschiedensten multimedialen Faktoren. Videocollagen, selbst komponierte Musik und ein aufwändig gestaltetes Bühnenbild sollen die Aufführung abrunden. „Wir arbeiten seit über einem Jahr an dieser Produktion“, sagt Sarah Youssef, „da steckt viel Liebe, aber auch viel Frustration drin.“ Und jetzt hoffe man, dass man beim Publikum vor allem Bilder entstehen lässt: „Das Publikum soll nach Hause gehen und sich fragen, was Schönheit für einen selbst bedeutet – wie jeder Einzelne damit umgeht und welchen Platz ein solches Ideal in der eigenen Seele einnimmt.“

Gute Frage eigentlich. Wie wichtig ist euch Schönheit? Wie würdet ihr sie definieren und inwiefern wirkt sich das Streben nach ihr auf euer Leben aus? Macht euch bereit für eine Konfrontation mit einem der ältesten Ideale, das die Menschheit so zu bieten hat, steigt in die Abgründe eurer Seele herab und reflektiert eure eigene Vorstellung von der Schönheit des Lebens. Mit der Produktion „Die Schönen und die Genialen nach O. Wilde“ liefert das Künstler*innen-Kollektiv zumindest die perfekte Grundlage zur Neujustierung der eigenen Seele…

Foto: Spiegelberg2020 – Das Kollektiv als Pulk. Ist das Individuelle noch erkennbar?

Zeiten: 

16. September 2020:
20:00 Uhr

17. September 2020:
20:00 Uhr

18. September 2020:
20:00 Uhr

19. September 2020:
20:00 Uhr

30. September 2020:
20:00 Uhr

1. Oktober 2020:
20:00 Uhr

2. Oktober 2020:
20:00 Uhr

3. Oktober 2020:
20:00 Uhr

Preise:

Eintritt: 19,80 €
Ermäßigt: 15,40 €
KölnPass: 5,50 €

Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:

BAYENWERFT KUNSTHAUS RHENANIA e.V.
Adresse: Bayenstraße 28, 50678 Köln
Karten unter: https://offticket.de/veranstaltungen/weristspiegelberg
Webseite: https://weristspiegelberg.de/schoengenial
KVB: Linien 15, 16: Ubierring

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