Das Scala und die Corona-Krise

Das Scala Theater ist eines der auffälligsten Etablissements auf den Kölner Ringen. Zwischen Rudolfplatz und Friesenplatz gelegen, sind es nicht die zahlreichen Clubs, Shisha-Bars oder Restaurants, welche die größten Menschenmassen vor sich binden. Nein – es ist das Scala. Die Gebäudefassade des Kölschen Lustspielhauses wirkt eher unscheinbar, die Menschentraube, die sich fast jeden Abend vor ihr versammelt, hingegen nicht. Bis hin zur vielbefahrenen Straße tummelt sich das Publikum vor Aufführungsbeginn, als Fußgänger muss man sich bisweilen an den vielen Menschen vorbeiquetschen. Für das Theater ist das ein Segen, denn die stets ausverkauften Aufführungen sichern dem Haus regelmäßige und konstante Umsatzerlöse. Doch wie ergeht es dem Theater, das als nicht-subventioniertes Haus keinen Anspruch auf Hilfe aus dem Notfallfonds der Stadt Köln erhält, nun in Zeiten von Corona?

Der wichtigste Faktor für das Scala steht außer Frage: das Menschliche. Publikumsnähe gehört für das Intendanten-Duo Ralf Borgartz und Arne Hoffmann seit jeher zum Kern ihres Geschäfts, sei es durch direkte Ansprachen während der Aufführungen oder durch die persönliche Verabschiedung mit Handschlag nach Ende einer jeden Vorstellung. „Streng genommen brauchen wir unsere Räumlichkeiten gar nicht“, sagt Ralf im Zuge unseres Interviews. „Die Menschen sind das Wichtigste – Publikum und Mitarbeiter. Wir könnten auch auf den Poller Wiesen spielen, Hauptsache unser Publikum ist anwesend und wir können es mit unserem Quatsch belustigen.“

Ausmaß an Solidarität begeistert die Theaterleitung, Veranstaltungen werden nachgeholt

Das Scala Theater setzt als eines der ältesten Mundart-Theater Kölns vor allen Dingen auf eine Menge Witz und Charme, auf Herzlichkeit und Vertrauen. Und dieser Faktor macht sich gerade jetzt in der Krise bemerkbar. „Es ist einfach unglaublich: Wir bekommen unentwegt Briefe und E-Mails, in denen man sich mit uns solidarisch zeigt. Ticketstornierungen gab es bisher so gut wie keine; man schickt uns bereits gekaufte Tickets eher zurück mit dem Verweis, dass man sie verfallen lasse, nur um neue zu kaufen, sobald wir wieder geöffnet haben. Das ist ein riesiges Geschenk.“

Ralf ist sichtlich ergriffen von dieser Solidaritätsbekundung, ist es doch vor allem ein Zeichen dafür, dass das Publikum die eigene Arbeit und das Haus im Ganzen schätzt. Auch Arne, der bei unserer Video-Konferenz immer mal wieder durch das Bild huscht, ist begeistert: „Heute hat jemand einfach einen Beitrag auf unser Konto überwiesen mit dem Verwendungszweck: ‘Haltet durch!‘ Das ist so unendlich lieb, mit diesem Ausmaß an Solidarität hätten wir nie gerechnet.“ Um dieses Vertrauen zurückzuzahlen, sei bisher geplant, die ausgefallenen Aufführungen nachzuholen. Bereits gekaufte Tickets sollen dann als Gutscheine gelten. „Dann spielen wir halt sechsmal statt viermal die Woche“, sagt Ralf.

Mitarbeiter sind in Kurzarbeit

Zwar gleichen die Spendenzahlungen die weggebrochenen Einnahmen nicht aus, kurzfristig helfen sie dem Theater aber enorm weiter. Denn wie viele andere Unternehmen hat auch das Scala Theater Kurzarbeit angemeldet, um zumindest einen Teil der Kosten einzusparen. „Wegen der Gehaltsdifferenz haben wir unseren Mitarbeitern Unterstützung zugesagt“, verrät Ralf, der die Verantwortung für 20 Festangestellte und nochmals genauso viele Aushilfen trägt. Zudem beschäftigt das Scala Theater rund zehn Freiberufler. Man stehe mit den Mitarbeitern auch weiterhin in engem Kontakt und man wolle immer wissen, wie es ihnen geht und ob sie gut durch diese schwierige Zeit kommen. „Video-Konferenzen gehören zur Zeit zu unserem täglich Brot. Das ist aber auch selbstverständlich, wir machen uns ja auch Sorgen. Also kümmern wir uns so gut wie möglich.“

Die Video-Konferenzen nutzen die Schauspieler jedoch nicht nur zur alltäglichen Bestandsaufnahme. Um auch weiterhin das Kölsche Scala-Flair zu verbreiten, hat das Team nun ein neues Format entwickelt, das es zusammen in den Video-Konferenzen vorbereitet: „Scala Camelle“. In kurzen Videos, die jeder für sich dreht und die anschließend zusammengeschnitten werden, stellt das Scala die Lieblingswitze ihrer eigenen Fans schauspielerisch dar. Per Mail kann das Publikum in direkten Kontakt treten und ihre Lieblingswitze mitteilen. Und man achte sowieso darauf, eine jede Mail und eine jede Kontaktaufnahme zu beantworten. „Auch alle anderen Mails, die unsere Theaterkasse täglich erreichen, werden natürlich beantwortet. Das hält uns ganz schön auf Trab, da es im Moment viel mehr sind als üblich“, sagt Ralf. „Die Anteilnahme und der Wunsch mit uns in Kontakt zu bleiben, ist riesig. Dem kommen wir natürlich gerne nach.“

Wiedereröffnung wird vorbereitet, optimistischer Blick in die Zukunft

Ansonsten sei man derzeit vor allem damit beschäftigt Dinge zu erledigen, die sonst gerne mal liegen bleiben. Papierkram, kleinere Reparaturen im Foyer oder hinter der Bühne, momentan gäbe es noch einiges zu tun – von Langeweile keine Spur. „Ich glaube, sobald alles wieder losgeht, ist das Theater so gut in Schuss, wie lange nicht mehr“, sagt das Intendanten-Duo. Man gehe nicht davon aus, dass man den „normalen“ Spielbetrieb ab dem 20. April wieder aufnehmen könne, aber man versuche das Beste daraus zu machen, damit man so gut wie möglich auf die Wiedereröffnung vorbereitet sei.

„Natürlich ist die ganze Situation auch für uns schwierig, auch wir machen uns Sorgen und haben Angst. Aber wir verfallen deswegen jetzt nicht in Panik, das wäre das schlimmste, was man machen könnte.“ Erfreut sei man darüber hinaus über das Vorgehen der „großen“ Akteuren wie der KVB, KölnTicket oder der GEMA. KölnTicket habe umgehend auf die komplizierte Situation reagiert und die KVB wird die auch als Fahrschein geltenden Tickets für spätere, nachgeholte Veranstaltungen unbürokratisch akzeptieren. Die GEMA hat zudem ihren Rechnungslauf gestoppt und verzichtet momentan auf eine Einforderung der fälligen Beiträge. „So etwas geht zur Zeit oft unter, aber das ist schon eine starke Aktion, die es verdient, erwähnt zu werden“, sagt Ralf. „Zwar tragen wir die Kosten natürlich trotzdem, wir können sie aber erst später begleichen und so flattert nicht eine Mahnung nach der anderen rein.“ Der Vermieter der Räumlichkeiten sei zudem selbständig auf die Theaterleitung zugekommen, derzeit befindet man sich noch in Gesprächen, wie man mit der Situation verfahren werde.

Die Corona-Krise trifft auch das Scala-Theater – und doch kann das nicht-subventionierte Theater auf Unterstützung von allen Seiten hoffen. „Diese Solidarität, dieser Zusammenhalt, das ist einfach wundervoll und es macht die derzeitige Situation um einiges erträglicher“, schließt Ralf. „Und vergesst nicht: Je dunkler die Zeiten, desto heller leuchten die Sterne des Theaters.“

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Foto 1+2: Die Pforten des Scala Theaters sind geschlossen und der menschenleere Hohenzollernring liegt gespenstisch vor dem Haus.
Foto 3: Scala Theater – Arne Hoffmann (links) und Ralf Borgartz (rechts) 

Weitere Informationen über das Haus findet ihr hier: Scala Theater – Das Kölsche Lustspielhaus

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