Eine Reise in eine andere Zeit
Eine Branche, die in all den Diskussionen gerne mal vergessen wird, ist die Freizeitbranche. Schwimmbäder, Lasertag-Hallen und Escape Rooms sind ebenso wie Gastronomiebetriebe auf einen unablässigen Publikumsverkehr angewiesen – die Schließungen stellen viele Unternehmen vor große Probleme. Wir haben mit dem auf Zeitreisen ausgerichteten Escape Room „Team X“ in der Südstadt gesprochen und nachgefragt, wie es dem Betrieb geht. Dass der Inhaber der Rätselräume, Marc Hotz, unter seinem Pseudonym Magnus Myst als Autor auf der abgesagten lit.Cologne eine Lesung halten sollte, ergänzte das Gespräch um einen zusätzlichen kulturellen Faktor.
Rheinerlei: Hallo Marc, wie geht es euch? Was macht ihr zur Zeit?
Marc: Uns persönlich geht es gut. Der Betrieb jedoch ist seit Mitte März geschlossen und wir wissen natürlich noch nicht, wann wir wieder starten dürfen. Schön ist das nicht.
Schwierige Situation für angestellte Studenten
Was bedeutet die Schließung und die aktuelle Situation denn für euch als Freizeitbetrieb?
Wie viele Unternehmen in der Gastro- und Freizeitindustrie arbeiten auch wir viel mit Studenten auf 450 Euro Basis, da wir zu unterschiedlichen Zeiten viele Köpfe auf einmal brauchen. Es war ein schlimmer Abend, diesem heißgeliebten Team sagen zu müssen: ‚So, jetzt können wir Euch leider keine Stunden mehr geben, wir können nicht mehr zahlen.‘ Wir verstehen uns als enges Team, wir haben auch privat einiges zusammen gemacht, das will keiner. Es war gruselig – vor allem, weil Studenten eben kein Recht auf Unterstützung haben und wir keinen einzelnen davon verlieren wollen.
Und wie kommen die ganzen Studenten jetzt über die Runden, habt ihr das im Blick?
Wir sind im Kontakt mit unserem Team – es ist unterschiedlich, einige widmen sich dem Studium und nutzen die Zeit für Bachelorarbeiten, einige arbeiten in anderen Jobs, die es gerade gibt oder sie sind bei ihren Familien. Für die Festangestellten haben wir außerdem Kurzarbeit beantragt.
Mitten im Umzug kam die Corona-Krise
Auf welche Unterstützung zählt ihr denn derzeit?
Neben der Kurzarbeit haben wir die NRW Soforthilfe beantragt und inzwischen überwiesen bekommen. Steuern sind gestundet, das hilft der Liquidität. Hinzu kommt, dass wir uns gerade in größere Räume umziehen – sprich: wir hatten zwei Locations parallel. Um Miete zu sparen, haben wir eine davon früher als geplant geschlossen und renovieren da gerade – mit Handwerkern, die ja noch arbeiten dürfen. Wir dürfen in der alten Location einen Monat eher raus als geplant, das hilft natürlich auch.
Lauft ihr denn jetzt Gefahr, dass ihr komplett schließen müsst?
Noch wollen wir nicht schließen. Aber es kommt natürlich auf die Länge dieser Ausnahmesituation an. Wir hatten etwas gespart, um ein neues Abenteuer zu starten, das wird nun nach hinten verschoben – denn wo das Geld jetzt hingeht, das ist ja klar.
Du hast gesagt, dass ihr euch gerade mitten im Umzug befindet. Zu welchem Zeitpunkt war der Umzug denn ursprünglich geplant und hat er sich aufgrund der Situation nun verschoben bzw. haben sich da Schwierigkeiten aufgetan?
(grinst breit) Ja. Wir sind sowohl früher als auch später dran – was einer Agentur für Zeitreisen gut zu Gesicht steht! Aber Scherz beiseite: Wir mussten die Spiele in der alten Location stornieren und nutzen die Zeit jetzt für vorgezogene Renovierungen. Wir können dennoch erst viel später starten, weil unser Team nicht so arbeiten kann, wie es ideal wäre. Außerdem ist der Handwerksbetrieb im Moment sehr ausgebucht und wir können ja prinzipiell noch nicht eröffnen. Sprich: das alte eher als geplant nicht mehr, das neue länger als geplant noch nicht.
Spielen unter Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen möglich?
Das klingt ja, als stände momentan alles auf sehr wackeligen Beinen. Worauf liegt denn jetzt eure Hoffnung?
Wir waren mit den raschen und umfassenden Maßnahmen sehr einverstanden. Jetzt geht es ein wenig durcheinander zu. Wir hoffen jetzt, dass die Zuständigen schnell die Zeit finden werden, uns wieder zu eröffnen, denn ein Escape Raum ist halt kein Risikogebiet. Bei uns wäre das alles recht einfach umsetzbar: Die Teams spielen mit dem Kreis, mit dem sie sonst immer zusammen sind, es gibt genügend Abstand zu den Spielleitern, die Hygienestandards werden alle beachtet – sprich: Bei uns ist jeder so sicher wie zu Hause, wenn er sich vorher und anschließend die Hände wäscht. Es spricht auch nichts dagegen, mit Mundschutz zu spielen.
Wie wird sich die Krise denn eurer Meinung nach langfristig auf die Freizeitlandschaft in Köln auswirken?
Puh, schwer zu sagen. Wir wissen es nicht – es werden vermutlich einige anschließend mit Schulden da stehen, die sie vorher nicht hatten. Gerade die Kollegen mit großen Flächen, bei denen die Unterstützung bei weitem nicht mal für die Miete reicht. Frau Reker ist im Gespräch mit unseren „großen“ Kollegen und wir drücken die Daumen, dass es für alle einigermaßen gut ausgeht bzw. dass Wege gefunden werden.
Hoffnung auf Umkehreffekt nach der Krise
Und was muss eurer Meinung nach jetzt getan werden, damit sich die Freizeitlandschaft von dieser Krise ausreichend erholen kann?
Tatsächlich glauben wir an Freude und Sinn für Ablenkung – auch und gerade in Rezessionen. Menschen brauchen Lachen. Menschen wollen zusammen eine gute Zeit haben – das war doch schon in den legendären 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts ein Thema. Wir glauben an unsere Kultur und auch an die Kultur in Köln.
Seid ihr denn im Moment in Kontakt mit eurem Publikum?
Wir bekommen Anrufe von Menschen, die sich nach Escape Räumen sehnen. Oder Mails, wenn jemand an uns denkt und eine Idee hat.
Wir können nur sagen: Haltet die Ohren steif, denkt an uns Kulturschaffende – und kommt bald wieder. Wir vermissen Euch! Lasst uns den Spaß einfach nachholen! Wir wollen wirklich so gerne mit Euch spielen.
Zu guter Letzt: Die lit.Cologne wurde abgesagt, Du hättest dort zum ersten Mal aus deinen Werken vorgelesen. Was hat der Ausfall für Dich bedeutet?
Ja, das wäre der erste Auftritt von Magnus Myst auf der lit.Cologne gewesen. Natürlich gab es vorher schon tolle Lesungen in der Bibliothek in Hamburg oder im Dungeon in Berlin, aber die lit.Cologne wäre nochmal etwas ganz Besonderes gewesen. In der wunderbaren Comedia Colonia, mit Gebärdendolmetscher, Freunden und Familie und den ganzen Kölnern, das wäre schon herausragend gewesen. Vielleicht gibt es die Lesung demnächst online, aber es findet ja hoffentlich auch nächstes Jahr noch eine lit.Cologne statt.
Foto 1: Team X – Die Renovierungsarbeiten sind in vollem Gange.
Foto 2: Team X – Marc Hotz aka Magnus Myst, Autor und Inhaber des Escape Rooms.