Theater und Co.
Wir stehen auf Theater. Wir stehen auf Inszenierungen, die uns mitreißen und fesseln, die kritisch sind und das Publikum zum Nachdenken bringen. Theater muss die Gesellschaft widerspiegeln, unangenehme Begebenheiten darstellen und hinterfragen. Dazu muss es unterhalten, empathisch sein und Gefühle wecken. Für euch schauen wir uns die verschiedensten Theateraufführungen an und geben euch Tipps, welche ihr unbedingt gesehen haben solltet. Theater ist nicht nur etwas für Theaterwissenschaftler und den gängigen Schnösel von nebenan. Theater ist für jedermann. Wir wünschen euch viel Spaß.
Wenn ihr diese Zeilen hier lest, dann habe ich es wahrlich über mich gebracht. Ich habe auf „Veröffentlichen“ gedrückt. Bisher hatte ich damit nur selten ein Problem, doch dieses Mal liegt der Fall ein bisschen anders. Ich habe zwar schon über das Hänneschen geschrieben, aber an eine Rezension habe ich mich noch nicht gewagt.
In den letzten Monaten durfte ich mir des Öfteren von einer bestimmten Person anhören, dass ich ja kein Mann sei. Okaay. Danke. Obwohl ich die psychologische Ebene hinter dieser Aussage durchaus verstanden habe, so habe ich mich dennoch immer wieder gefragt, was denn genau ein Mann ist. Oder sein soll. Wie muss er sich verhalten? Was muss er mögen? Was nicht? Welche Penisgröße sollte er sein Eigen nennen? Und gibt es wirklich Männer, die keine Männer sind?
Fast zwei Jahre lang war ich Single. Dieser Umstand gehört jedoch seit mehreren Wochen der Vergangenheit an. Schön für dich, denkt ihr jetzt bestimmt. Interessiert uns nicht. Und damit mögt ihr Recht behalten. Doch vor dem Hintergrund der Theaterproduktion, über die ich hier schreibe, halte ich es für unabdingbar, diese Tatsache zu erwähnen. Denn „Milk and Ashes“ setzt sich mit dem Thema Beziehungen auseinander und beleuchtet die, so naiv bin ich jetzt einfach mal, zumeist glücklichen Personenkonstellationen eher kritisch denn lobend. Und das kann dann, angereichert mit Tanz- und Zirkuseinlagen, beizeiten dazu führen, dass man anfängt, seine eigene Beziehung zu hinterfragen.
„Ausgerechnet an meinem 69. Geburtstag sind 69 Personen nach Afghanistan zurückgeführt worden.“ Kaum ein anderer Satz polarisierte in den letzten Wochen mehr. Kaum ein anderer Satz brachte mehr Menschen in Rage und befriedigte gleichzeitig so viele. Und keine andere Aussage zeigte konträr zueinander stehende Wertevorstellungen besser auf, als jener Satz unseres Bundesinnenministers. Doch von welchen Werten ist hier eigentlich die Rede? Und können Werte einfach so zu bestimmenden Verhaltensweisen, zu richtungsweisenden Vorgehensweisen führen?
Schon als ich die Treppe zum Grünen Saal im COMEDIA Theater hinaufsteige, werde ich mit zweierlei Welten konfrontiert. Der Treppenaufgang ist geschmückt mit Bildern und Geschichten, die einerseits die Herzlichkeit behinderter Menschen behandeln, Geschichten aus dem Leben von Mitgliedern des Theaterkönig-Ensembles darstellen. Andererseits zeigen sie aber auch Probleme eben jener auf. Besonders ein Satz bleibt mir im Gedächtnis: „Freiheit ist für mich, wenn kein Mensch mich angreift.“ Denn er steht für genau das, was in vielen Teilen der Gesellschaft noch verbesserungswürdig ist. Eine vollumfängliche Toleranz gegenüber Menschen mit besonderen Bedürfnissen und deren angemessene Inklusion in gesellschaftliche Prozesse. Solche Aussagen, die kann man hoffentlich irgendwann ad acta legen…
Quälend schleppe ich mich zur Bahn. Muss ich mir das jetzt wirklich geben, frage ich mich, denn nach neun Stunden Arbeit habe ich nur wenig Lust, mich noch ins Theater zu setzen. Doch ja, ich muss. Denn ich gehe im Rahmen der Universität zur Inszenierung von ‚Don Quijote‘ im Schauspiel Köln und das kann ich einfach nicht verpassen. Nur noch ein paar Stunden und ich kann endlich ins Bett. Wird schon nicht so schlimm sein. Und mal schauen, was ich heute so an Eindrücken mitnehmen darf…
In Europa geht es derzeit mächtig rund. Von Strafzöllen, über komplizierte Verteilungsschlüssel der Flüchtlingsströme bis hin zu nervigen Datenschutzmaßnahmen, nicht nur die europäischen Politiker haben derzeit alle Hände voll zu tun. Sie und die im Gemeinschaftsgebiet lebenden Bürger müssen sich mit Themen beschäftigen, die wichtige ökonomische und gesellschaftliche Bereiche abdecken. Nun fand über eine Woche lang die ‚theaterszene europa‘ statt, bei der Ensembles aus zwei europäischen Ländern zusammen kamen und ihre Künste in der ‚studiobühne köln‘ darboten. Dieses Jahr beruhte das Festival auf einer Zusammenarbeit zwischen deutschen und norwegischen Theatern. Ein deutsch-norwegisches Theaterfestival also. Konnte es seinem Namen und seinem eigenen Anspruch, dem Austausch interkultureller Theaterproduktionen, gerecht werden?
Nani? Als ich die Einladung auf meinem Handy aufploppen sehe, liege ich vor Lachen fast auf dem Boden. Ich und Seniorentheater? Ernsthaft? Was hat sich die COMEDIA denn dabei gedacht? Okay, klingt dennoch interessant, also lasse ich mich gerne darauf ein. Ist zwar ungewöhnlich, aber ich sollte schon alle möglichen Aspekte der Theaterszene kennenlernen, oder? Klar, mir war schon bewusst, dass das COMEDIA Theater Schauspielkurse für Senioren anbietet. Aber selbst mal zu einer Vorstellung zu gehen? Daran hatte ich irgendwie nie gedacht. Konnte ja nur schief gehen…
Puh. Wann war ich in ‚Wilhelm Tell‘? Vor einem Monat? Vor zwei Monaten? Vor drei? Kommt mir zumindest wie eine halbe Ewigkeit vor. Doch bei der Korrektur des Berichtes wurde ich so dermaßen zerstört, dass ich mich gar nicht getraut habe, ihn online zu stellen. Viel zu fachspezifisch sei der Artikel, wurde mir gesagt. Gut zum Einschlafen. Na Danke. Also dann, musste ich ihn wohl ein wenig umschmeißen. Und natürlich möchte ich euch meinen Eindruck des Theaterstückes nicht vorenthalten. Denn es spricht meiner Meinung nach extrem wichtige Themen an, die aktueller kaum sein könnten. In dieser Zeit einer verqueren Politik, die sich oftmals nur auf die Interessen einzelner Lobbys stürzt und das Bürgertum allzu gerne außer Acht lässt…
Diese quietschende Tür. Ich warte vor dem Staatenhaus auf meine Begleitung, mich passieren unentwegt andere Besucher, deren Vorfreude man teils schon in den Gesichtern ablesen kann. Immer, wenn sie den mittleren Eingang nutzen, quietscht die Tür. Besonders auffallend ist der Ton, wenn sie hinter den Leuten langsam zufällt. Ein lang gezogenes Quietschen dringt an mein Ohr. Einmal, zweimal, mehrmals. „Ob das eine Vorahnung ist?“, frage ich mich, denn solch einen Ton kenne ich nur aus Horrorstreifen. Sollte sich mein erster Opernbesuch zu eben jenem entwickeln, zu einem Horrortrip? Ich ahne Schlimmes und nehme noch einen letzten Schluck aus meinem Kaffee. Bloß nicht einschlafen…
Als ich um 19:42 Uhr an der Keupstraße aus der Bahn steige, verschwende ich keinen Gedanken daran, auch nur ein Wort über das Theaterstück zu schreiben, zu dem ich gerade auf dem Weg bin. Ich habe sogar großkotzig angekündigt, dass ich es nicht machen werde. Ich muss ja noch mit Theater warm werden, und so. Bullshit. Denn ich weiß ja gar nicht, worauf ich mich an diesem Abend einlasse. Aber das Thema bewegt mich, es reißt mich mit und es ist mir wichtig. Türken gegen Deutsche. Deutsche gegen Türken. Türken gegen Türken. Und genau aus diesem Grunde folgt nun ein Kommentar, basierend auf einem Theaterstück. Basierend auf der Realität. Und eine Theaterkritik ist er ebenso, aber irgendwie ist die vor diesem Hintergrund nur zweitrangig…