Klare Regeln fehlen

Erst wegen Corona wochenlang totales Spielverbot, dann vorsichtige Öffnung und jetzt wieder fast tägliche neue verwirrende Einschränkungen: Kölns freie Theater und Spielstättenanbieter fordern endlich eine klare Linie und finanzielle Unterstützung. Sonst sehen sie ihre Existenz gefährdet. Der Protest der Szene ist groß, am Dienstag trafen sich viele Vertreter im Bürgerzentrum Ehrenfeld. 

Aktuell sehen die Vorschriften für Besucher einer Vorstellung Maskenpflicht während der gesamten Vorstellung vor. Zu Beginn der neuen Spielzeit durften sie während der Vorführung abgesetzt werden. Geblieben ist der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Sitzplätzen, wobei Paare auch nebeneinander sitzen durften. Aktuell gilt eine Maximalzahl von 250 Zuschauern in geschlossenen Räumen, zusätzlich dürfen nur 20 Prozent aller Sitze besetzt sein, vor einer Woche waren es noch 30 Prozent. 

Nur noch 20 Prozent der Besucherkapazität erlaubt 

Das stellt vor allem die kleinen Theater und die Künstlerinnen und Künstler, die dort auftreten, vor große finanzielle Probleme. „Dumm und fahrlässig“ nannte Bernd Rehse vom artheater die neuen Prozent-Vorschriften. Im Ateliertheater spielte man in den letzten Tagen vor oft nur zwölf Besuchern. Die konnten sich in allen Spielstätten davon überzeugen, dass die vorgeschriebenen und genehmigten Hygienevorschriften strengstens eingehalten werden – einschließlich des Abstands Bühne-Zuschauer und der kontrollierten Namenseintragungen. Das ließ sich in der Vergangenheit etwa nicht von allen Kölner Cafés oder Imbissbuden sagen. Vor diesem Hintergrund stellte Thorsten Schlosser fest: „Bislang gibt es keinen Nachweis, dass Theaterbesucher Schuld an den steigenden Inzidenzzahlen haben. Wir sind keine Hotspots.“ 

Darin waren sich alle Anwesenden einig: Kultur ist kein Luxus, sondern ein Lebensmittel. Und es sei ein Fehler, wenn Bundeskanzlerin Merkels Forderung „Bleibt zu Hause!“ so zitiert werde, dass damit neben dem Reisen ins Ausland auch der Verzicht auf einen Theaterbesuch gemeint sei. Die Einstellung sozialer Kontakte sei sehr problematisch, warnte Uli Krüger vom gastgebenden Bürgerzentrum.  

Stadt soll Theater im Rheinpark kostenlos zur Verfügung stellen 

Solo-Selbstständiger Wilfried Schmickler forderte unter Zustimmung aller finanzielle Unterstützung durch Stadt, damit die Theater die Durststrecke bis zum nächsten Frühling überstehen können. Denn wenn eines erst einmal schließen muss, sei es so gut wie unmöglich, es wieder zu öffnen: „Wir brauchen den Rettungsschirm, bevor es regnet.“ Auf knapp 10.000 Euro schätzt Rehse allein die Kosten, um bei seinem Theater die Infrastruktur während einer Schließung aufrecht zu erhalten. 

Zumindest bei der anwesenden Britta von Bülow, Kultursprecherin der grünen Ratsfraktion, stieß Schmicklers Forderung auf Zustimmung. Ebenso Kabarettist Jürgen Becker: Er will, dass die Stadt den Kölner Künstlern das Theater im Rheinpark kostenlos zur Verfügung stellt. OB Henriette Reker hat immerhin schon ihr Unverständnis über die 20-Prozent-Regelung ausgesprochen. Worte allein aber reichten den Protestlern nicht. 

Foto: Jürgen Schön – Wilfried Schmickler nahm während des Protesttreffens seine Maske ab und dann kein Blatt vor den Mund. 

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