Rasende Entschleunigung, Fortsetzung 1

Was bisher geschah? Ich dachte, ich hätt jetzt richtig viel Zeit.

Doch dann die doppelt lange Tagesschau,
der vielen Sondersendungen Radau;
nicht nur der Plasberg hat mich ja am Wickel,
auch all die Depri-Infos und Artikel
der Zeitung. Kommt hinzu was mir Bekannte,
Kollegen, Freunde, Trolle und Verwandte
an Analysen und Pamphleten schicken
und dabei tun, als würden sie es blicken,
und fordern, dass auch ich mich jetzt bequeme
und ethisch voll korrekte Stellung nehme.
Ich find das ja auch alles interessant,
nur kommt mir damit meine Zeit abhand.

So auch durch all die neuen Whatsapp-Gruppen,
die sich als arge Zeitfresser entpuppen.
Wovon werd ich per link nicht alles Zeuge!
Vor soviel Kreativität verbeuge
ich mich halb aufmerksam – und stundenlang.
Selbst Stand-up-Künstler gehen auf Empfang
und managen per Zoom aus Ihren Küchen
die schweißtreibendsten Slams – frei von Gerüchen.
Und ganze Symphonieorchester spielen
Konzerte, die sich aus unfassbar vielen,
doch einzeln aufgenomm‘nen Instrumenten
zusammensetzen – ohne Dirigenten!
Und schließlich werd ich selber aufgefordert
und vor die Laptop Kamera beordert,
mich fröhlich einzubringen bei so Dingen
wie Kochen, Sport und Tanzen und auch Singen.
Dank Krise könnte noch was aus mir werden,
würd ich mich nicht so ungeschickt gebärden.
Es hängt an all dem ja auch Technik dran,
und das, das schlaucht mich echt jetzt, Mannomann.

Und das hört ja damit noch nicht auf. Fortsetzung folgt!

Hier auch in der Hörfassung:

Text und Ton: Michael Domas
Foto: Catharina Coblenz

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