Die Posse geht weiter. Erst 250 Millionen, mittlerweile 570 Millionen. Erst 2017, jetzt 2022. Die verzwickte Lage um die Sanierung des von Wilhelm Riphahn entworfenen Opern- und Schauspielhauses in Köln spielt mit der Geduld der Bürger. Doch ist es wirklich eine Posse? Wo liegt das Problem und von welchen Entwicklungen sind großflächige Sanierungen abhängig? Wie sehen ähnliche Umsetzungen in anderen Städten aus und hat nur Köln das Problem einer kostensteigenden und sich verzögernden Sanierung? Antworten auf diese Fragen liefert euch die Ausstellung Große Oper – viel Theater? im Museum für Angewandte Kunst Köln, welche einige der spektakulärsten Bühnenbauten Europas vorstellt und deren Kosten und Bauzeiten mit städtischen Verwaltungsprozessen in Verbindung bringt. Ist Köln wirklich das Millionengrab, für das es gehalten wird?

„Das ist schwierig“, sagt Yorck Förster. „Das Problem ist die Haustechnik, die modernisiert werden muss. Dazu kommen Komplikationen wie Konkurs gehende Unternehmen oder die Kinderoper, die unterirdisch angelegt wird. Köln fällt gar nicht allzu sehr aus der Reihe, auch wenn die langwierigen Prozesse natürlich ermüdend sind. Was man kritisieren kann, ist die zu optimistische Kalkulation der Kosten zu Beginn des Projektes.“ Der am Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt tätige freie Kurator zeigt sich mitverantwortlich für die Ausstellung, die mittlerweile schon in Frankfurt, Berlin und Stuttgart zu sehen war. Städte, in denen eine Opernsanierung, ebenso wie in Köln, die städtischen Diskussionen begleitete; oder immer noch begleitet.

„Wir wollen mit der Ausstellung einen Blick über den Tellerrand ermöglichen. Was ist der State of Art in anderen Städten? Als in Frankfurt die Machbarkeitsstudie veröffentlicht wurde, die über Kosten in Höhe von 900 Millionen Euro sprach, war das ein Schock für die gesamte Stadt.“ Vorrangiges Ziel sei die Überprüfung der Inhalte der Machbarkeitsstudie gewesen. Es gehe in der Ausstellung weniger um spezifische Vergleiche einzelner Bauten, denn um eine Heranführung an ähnliche, europaweite Projekte. Direkte Vergleiche, sie lassen sich dennoch ziehen und sie betreffen Planungszeiten sowie die jeweiligen Kosten-/Flächenrelationen. Infotafeln geben dahingehend Hintergrundinformationen zu den Gebäuden, eine Zeitstrahl-Grafik stellt die Planungs- und Bauzeiten der Bauprojekte gegenüber und ein Schaubild setzt die Baukosten mit den dazugehörigen Bauflächen in Relation.

Dabei konzentriert sich die Ausstellung nur auf Häuser, die innerhalb Europas errichtet wurden. „Europa hat eine starke Theater- und Operntradition. Eine Inbezugnahme chinesischer oder amerikanischer Bauprojekte hätte nur bedingt Sinn gemacht.“ Neben den Projekten in Köln und Frankfurt ist so unter anderem das Everyman Theatre in Liverpool dargestellt, Sinnbild des bürgerlichen und industriellen Englands, oder die Den Norske Opera in Oslo, die durch ihre Architektur ein Zusammenspiel zwischen Gebäude und unmittelbarer Umgebung erlaubt. „Die Gebäude haben alle einen eigenständigen Charakter. Die Entwicklungen, welche die Häuser über die Jahrzehnte genommen haben, sind Ausdruck sozialer und gesellschaftlicher Bedürfnisse. Es ist wirklich interessant zu sehen, wie sich die Städte diesen Anforderungen stellen, immer auf ihre eigene Art und Weise.“

Ihr seid genervt von den andauernden Bauverzögerungen des Opern- und Schauspielhauses hier in Köln? Habt keine Ahnung, was an einer sorgfältigen Planung so schwierig sein soll? Oder ihr kennt euch gar aus und sucht einfach neue architektonische Impulse? Die Ausstellung Große Oper – viel Theater? gibt sie euch und liefert vereinzelt Antworten, sie führt euch an die eindrucksvollsten Bühnenbauten Europas heran und stellt heraus, dass Köln eigentlich gar nicht so sehr aus der Reihe tanzt. Eigentlich.
Wie wünschen euch viel Spaß!

Zeiten:

noch bis zum 30. Juni 2019!

Vorträge und Diskussionen:
an ausgewählten Terminen

Preise:

Eintritt: frei!
Führungen: 2,00 €*
*an ausgewählten Terminen

Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:

Museum für Angewandte Kunst Köln
Adresse: An der Rechtschule, 50667 Köln
Webseite: www.museenkoeln.de/museum-fuer-angewandte-kunst/Grosse-Oper-viel-Theater-Buehnenbauten-im-Europaeischen-Vergleich
Blog zur Ausstellung: http://govt.dam-online.net
KVB:
Linien 3, 4, 5, 16, 18: Dom/Hbf.

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