Huldigung zum Jahrestag
Vor 350 Jahren starb der niederländische Maler Rembrandt Harmenszoon van Rijn. Seiner ungebrochenen Popularität huldigen deshalb zahlreiche Museen – auch das Kölner Wallraf-Richartz-Museum mit der exquisit zusammengestellten Ausstellung „Inside Rembrandt“. Sie konfrontiert Rembrandt mit Arbeiten seiner Vorbilder, Kollegen, Schüler und Nachfolger. Eine Ausstellung voller Überraschungen.
„Auch der?!“, staunt der Besucher. Offensichtlich hat sich ein Max Liebermann in die Ausstellung verirrt. Doch auch wenn der Pinselstrich frappant an den deutschen Impressionisten erinnert – das Bild „Der Apostel Bartholomäus“ malte Rembrandt 1661. Die Leihgabe des Getty Museums ist nicht die einzige Überraschung, die das Wallraf-Richartz-Museum hier bietet.
111 Arbeiten von Rembrandt und seinen Zeitgenossen
Denn vor allem die ausgestellten Frühwerke gehören zum eher unbekannten Œuvre. Insgesamt 111 Gemälde, Grafiken und Zeichnungen sind zu sehen, gut die Hälfte davon echte Rembrandts. Sie stammen aus der eigenen Sammlungen, von großen Museen und privaten Leihgebern. Von letzteren wurden einige noch nie ausgestellt. Und manche Zeichnungen sind so lichtempfindlich, dass sie mit einem Vorhang selbst vor der gedämpften Ausstellungsbeleuchtung geschützt werden müssen.
Mit ihrer Auswahl will Kuratorin Anja Sevcik einen anderen Rembrandt zeigen. Die meisten verbänden ihn ja vor allem mit seinem Spätwerk. Mit Verbitterung nach dem Tod seiner Frau und dem privaten Bankrott. Doch sei er ein Künstler mit Humor gewesen, mit Einfühlungsvermögen, dessen Porträts immer auch die Geschichte des Dargestellten erzählten. Das mache aus, dass er heute noch als einer der ganz Großen gelte. Als „Seelenwärmer“ preist ihn Sevcik. Und ja, auch der bekannte Meister des Hell-Dunkel, der theatralischen Inszenierung sei er gewesen.
Selbstporträts als roter Faden
Letzteres spiegelt sich im Aufbau der Ausstellung wider, die in 5 Akte gegliedert ist, mit Prolog und Intermezzo. Durch eine leicht labyrinthische Architektur wird der Besucher durch ein Theaterstück geführt, das von der Entwicklung der Marke Rembrandt erzählt. Ein roter Faden sind die zahlreichen Selbstporträts, ob als briefmarkengroße Radierung, ob als großes oder kleines Gemälde. Und fast immer schmücken Hut oder Mütze das wallende Haupthaar. Oder er verkleidet sich, in seinem grandiosen Kölner Selbstbildnis etwa, als antiker Maler Zeuxis.
Im Prolog empfangen den Besucher Bilder von Rembrandts Kollegen: Sie stellen das kulturelle Leben des „Goldenen Zeitalters“ der Niederlande dar, insbesondere die Beschäftigung mit der Wissenschaft: Nicht nur Gemälde galten als Statussymbol, sondern auch Bibliotheken. In diesem Umfeld wuchs Rembrandt auf, der als einziges von zehn Kindern einer Müllerfamilie in der Universitätsstadt Leiden eine Lateinschule besuchen konnte.
Schon als Teenager lieferte er kleine Meisterwerke
Im 1. Akt sind dann die schon meisterlichen „Gehversuche“ des Teenagers Rembrandt zu sehen. Er brachte sich selber die Kunst der Radierung bei: Noch etwas unbeholfen und eher skizzenhaft seine „Beschneidung Christi“ aus dem Jahr 1625, konzentriert und mit dramatischem Hell-Dunkel dagegen dasselbe Motiv etwa 5 Jahre später. Beide Arbeiten übrigens aus der hauseigenen Sammlung.
Langsam werden die Formate größer. Die anfängliche Buntheit weicht einer samtigen Farbpalette und dem gekonnten Spiel mit Lichteffekten. Sein „Alter Gelehrter in einer Gewölbekammer“ lässt frühe Impressionisten erahnen. Die Bilder dieser Zeit entstanden im freundschaftlichen Wettstreit mit seinem ein Jahr jüngeren engen Kollegen Jan Lievens. Im zweiten Akt lassen sich ihre Werke dann vergleichen, für die sie die Motivideen oft gemeinsam entwickelten. Und von denen oft selbst die Käufer nicht wussten, wer es gemalt hatte.
In Amsterdam schuf er die Marke „Rembrandt“
Zwei Szenen gliedern den dritten Akt. Die erste zeigt Rembrandts erste Jahre in Amsterdam. In das Zentrum der Kunst und des Handels war er sicherlich auch aus wirtschaftlichen Gründen umgezogen. Schnell wurde er zum gefragten Porträtisten, der seinen Auftraggeber aber auch andere Motive verkaufen konnte. Geschönt hat er dabei nichts, zeigte Deftiges und nicht immer entsprachen seine Nackten den Schönheitsidealen.
Ein wesentlicher Einschnitt in Rembrandts Leben war die Heirat mit der heißgeliebten Saskia. Sie trieb ihn – wohl auch als seine Managerin – zu künstlerischen Hochleistungen an. Zu sehen sind sie in der zweiten Szene. In dieser Zeit entstand sein „Gelehrter“ – ob eine tatsächliche oder eine erfundene Person ist unbekannt. Das Bild gehört der Prager Nationalgalerie und wurde vorher nur einmal ausgeliehen. Auch Bücher illustrierte er jetzt. In dieser Zeit wurde er sogar zum Buchillustrator. Nur sieben Jahre dauerte diese glückliche Zeit, Saskia starb schon mit 29 Jahren.
Wer sich keinen echten Rembrandt leisten kann, greift zum Bierdeckel
Im „Intermezzo“ wird auf die Rezeption Rembrandts eingegangen. Dicke Wälzer stehen für die wissenschaftliche Aufarbeitung seiner Kunst. Eine Vitrine zeigt, was sich die Wirtschaft von der Marke „Rembrandt“ erhofft: Zu sehen sind zum Beispiel Apfelsinenpapierchen mit seinem Porträt, Krawatten, Zahnpasta, Pillendöschen, Schlüsselanhänger, alle geschmückt mit Motiven aus Rembrandts Werken. Und klar, die Gaffel-Brauerei kölscht ihn auf einem Bierdeckel ein.
Rembrandts Unterschrift wurde schon zu seinen Lebzeiten gefälscht
Doch nichts geht über einen echten Rembrandt. Lange galt der Berliner „Mann mit dem Goldhelm“ als eines seiner Paradewerke. Seit 30 Jahren weiß man nicht nur von diesem Bild, dass es ihm fälschlich zugeschrieben wurde. „Das Problem mit diesen Zuschreibungen beginnt in der Werkstatt, die Rembrandt in Amsterdam eröffnete“, beschreibt Sevcik die Schwierigkeiten der Kunsthistoriker. In dieser Werkstatt beschäftigte Rembrandt zahlreiche Schüler, die seine Aufträge ausführten. Unter manche Bilder setzte er wohl nur seinen Namen. Und der war schon zu Lebzeiten wertvoll, gefälscht wurde seine Signatur schon damals. Eine überarbeitete Zeichnung im vierten Akt gibt Einblick in die Arbeitsweise der Schule und der Werkstatt.
Schließlich der Schlussakt, das Spätwerk, das im Wesentlichen Rembrandts heutige Wahrnehmung bestimmt.: Das starke Dunkel, mit funkelnden Lichtakzenten. Und dazwischen eben der vermeintliche Liebermann – ein fast unerhörter Fremdkörper. Und der Betrachter versteht, warum der Deutsche sich von dem Niederländer inspirieren ließ…
Zum Schluss folgt noch ein kleiner Epilog mit Arbeiten aktueller, von Rembrandt „inspirierter“ Künstler. Das wäre dann noch eine weitere Ausstellung wert…
Foto 1: Rembrandt – Anonymer Schüler, Maler in seiner Werkstatt, um 1630, Öl auf Holz, Sammlung Kremer
Foto 2: Rembrandt Werkstatt, Selbstbildnis mit roter Mütze, um 1659, Öl auf Leinwand, Staatsgalerie Stuttgart, Foto bpk Berlin -Staatsgalerie Stuttgart
Foto 3: Rembrandt (Harmensz. van Rijn), Diana und Callisto, Federzeichnung, Privatsammlung
Foto 4:: Rembrandt (Harmensz. van Rijn), Das Bad der Diana mit Aktäon und Kallisto, 1634, Öl auf Leinwand, Wasserburg Anholt, Sammlung der Fürsten zu Salm-Salm, Foto: Wasserburg
Zeiten:
noch bis zum 1. März 2020
Preise des Museums:
Eintritt:
Vollzahler: 13,00 €
Ermäßigt: 8,00 €
Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:
Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
Adresse: Obenmarspforten, 50667 Köln
Telefon: 0221 – 221 211 19
Webseite: www.wallraf.museum/ausstellungen/aktuell/2019-11-01-inside-rembrandt
KVB: Linie 5: Rathaus
Linien 1, 5, 7, 9: Heumarkt