Am Dienstag versprach Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach verstärkte Anstrengungen, um mehr Ateliers bereitzustellen. Zwei Tage später schlägt das Netzwerk Art Initiatives Cologne (AIC) Alarm: In einem Offenen Brief fordert die Gruppe zudem die schnelle Sanierung des Ausstellungsraums Simultanhalle. Außerdem: Den Künstlern in der ehemaligen Opekta-Fabrik wurde gekündigt.

Aufgrund von Baumängeln ist die Halle seit gut zwei Jahren geschlossen. Das für 2018 von Ehrenamtlern aufgestellte Ausstellungsprogramm konnte zwar auf dem Außengelände und an anderen Orten in Köln umgesetzt werden. Dies bedeutete allerdings zusätzliche Kosten und organisatorischen Mehraufwand, so AIC.

Notwendige Reparaturmaßnahmen sind seit Jahren überfällig

Seitdem sei nichts mehr geschehen: „Notwendige sofortige Reparaturmaßnahmen und die temporär-erforderliche Einrichtung eines Lagers für Materialien, Werkzeuge, Archiv und Publikationen gingen nicht über eine gemeinsame Planungsphase hinaus.“ Das Organisationsteam der Simultanhalle habe zunehmend den Eindruck, „dass das Simultanhallengelände dem stoischen Zustand einer langen Maßnahmenliste überlassen wird“. Um den schleichenden Verfall zu stoppen, fordert AIC von Kulturverwaltung und Politik „verstärkt aktive Taten und kurzfristige und schnelle Ergebnisse, parallel zur Klärung der langfristigen Perspektive.“

Die Simultanhalle wurde 1979 auf dem Schulhof der 1964 nach einem Attentat mit zehn Toten geschlossenen Volksschule Volkhoven errichtet. Sie sollte zunächst nur als 1:1-Muster dienen, um für das heutige Museum Ludwig vor allem die Dachkonstruktion und die Lichtführung zu testen. Künstler verhinderten ihren Abriss. Nachdem das Gebäude in den Besitz der Stadt übergangen war, wurde es schnell zu einem beliebten Ausstellungsraum für – nicht nur – experimentelle Kunst. In der Nachbarschaft von Chorweiler war sie zudem ein wichtiger kultureller Treffpunkt.

Nach 10 Jahren Kündigung für Künstler in der ehemaligen Opekta-Fabrik

Wie AIC weiter mitteilt, müssen die 22 Künstler, die zur Zeit noch im Opekta-Atelierhaus in Nippes arbeiten, nach zehn Jahren ihre Räume zum Ende dieses Monats geräumt haben. Die Kündigung – verbunden mit einer Mieterhöhung um mehr als das Doppelte auf 12 Euro pro Quadratmeter – war schon vor einem Jahr erfolgt. Verhandlungen mit dem zuständigen Immobilienunternehmen über günstigere Bedingungen waren erfolglos geblieben. Auch das Kulturamt hatte nicht vermitteln oder gar finanzielle Unterstützung leisten können.

Das Netzwerk Art Initiatives Cologne Artists wurde 2015 gegründet. Ihm gehören aktuell 40 nicht kommerzielle Kölner Kunst- und Projekträumen, Kunstinitiativen und Festivals der off-Szene an. Ziel des Zusammenschlusses ist durch Vernetzung die „gemeinsamen Energien zu bündeln und so die regionale wie internationale Ausstrahlung“ der freien Kölner Kunstszene zu stärken.

Foto: Jürgen Schön – Die Simultanhalle in Köln-Volkhoven wartet auf ihre Sanierung. Im Vordergrund eine Stahlplastik von Wolfgang Göddertz, der bis zu seinem Tod 2016 auf dem Gelände sein Atelier hatte.

Der Offene Brief:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kulturaktivist:innen!

Hiermit unterstützen wir ausdrücklich die Forderungen des Kuratoriums und des Fördervereins der Simultanhalle (vgl. Schreiben an die Ratsfraktionen vom 14.12.2019). Die Simultanhalle ist fester Bestandteil und einzigartiger Ort im Kölner Ausstellungsbetrieb der freien Szene. Ein zufriedenstellendes Konzept zum Erhalt der Simultanhalle als experimentellen Ausstellungsort muss in diesem Sinne erarbeitet und umgesetzt werden.

Bereits im Szenebericht Bildende Kunst 2019 haben wir gemeinsam mit der Simultanhalle die Problematik erläutert, auf die Situation und den Handlungsbedarf hingewiesen:
„Aufgrund von Bauschäden ist die Simultanhalle seit Januar 2018 geschlossen. Die Simultanhalle, ein Holzfachwerk, das 1979 in Volkhoven/Chorweiler als 1:1 Modell für das Museum Ludwig errichtet wurde, weist seit 1983 ein beachtliches und vor allem kontinuierliches Ausstellungsprogramm vor, das ehrenamtlich von wechselnden KuratorInnenteams konzipiert wird. Nach der kurzfristig erfolgten Schließung der Simultanhalle konnte das für 2018 geplante Programm zumindest in großen Teilen an verschiedenen Orten in Köln-Zentrum/Deutz und teilweise auf dem Außengelände durchgeführt werden – eine große Herausforderung für das ehrenamtliche Kuratorium durch unvorhergesehene zusätzliche Kosten und den organisatorischen Mehraufwand. Ein Zuschuss vom Kulturamt konnte nur die zusätzlichen externen Anmietungen decken. Insgesamt hat das Jahresprogramm 2018 in seiner Kontinuität und Struktur arg unter den Bedingungen gelitten. An der allgemeinen Situation auf dem Gelände hat sich seither – jetzt schon über ein Jahr später – leider nicht viel geändert. Notwendige sofortige Reparaturmaßnahmen und die temporär-erforderliche Einrichtung eines Lagers für Materialien, Werkzeuge, Archiv und Publikationen gingen nicht über eine gemeinsame Planungsphase hinaus. Entsprechend hat das Team der Simultanhalle verstärkt den Eindruck, dass das Simultanhallengelände dem stoischen Zustand einer langen Maßnahmenliste überlassen wird. Es bedarf hier seitens der Kulturverwaltung und Politik verstärkt aktiver Taten und kurzfristige und schnelle Ergebnisse, parallel zur Klärung der langfristigen Perspektive.“

Auch ist mittlerweile das Thema „Räume: Köln schafft Platz für Kunst und Kultur“ im Kölner Kulturentwicklungsplan (siehe Seite 52) nicht nur umfangreich verankert worden, sondern das Raummanagement ist neben der Digitalisierung und dem Kulturmarketing eine der Hauptsäulen in der Fortführung des Planes.

Dennoch: Die Räume der freien Szene Bildende Kunst in Köln sind nicht nur bedroht:
Die Opekta Ateliers (Xantenerstraße 99H, 50733 Köln) müssen Ende Januar 2020 nach „10 Jahren Opekta Ateliers, 10 Jahren Kunst, Musik, Filme und Gespräche – 10 Jahren gelebte Gemeinschaft“ die Türen schließen. Die Opekta Ateliers sind vorerst ohne neue Wirkungsstätte – ein unfreiwilliger Abschied von den Räumen nach Verdopplung (!) der Miete. – Auf die Einladung, am 23.01.2020 ab 19 Uhr sich noch ein letztes Mal dort zu treffen, sei hier hingewiesen!

Dezernats- und ämterübergreifend muss ein Fahrplan für die Instandhaltung und den Ausbau der Simultanhalle entwickelt und umgesetzt werden.

Art Initiatives Cologne
Kunstinitiativen Köln e.V.

Köln, den 23.01.2020

Quelle: www.aic.cologne/en/network/news/offener-brief-unterstuetzung-zum-erhalt-der-simultanhalle-in-koeln-volkhoven-chorweiler

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