Der ewige Kampf? Corona und die Kultur
Schon der erste Lockdown im ersten Halbjahr diesen Jahres bescherte vielen Kulturstätten einen einschneidenden finanziellen Einbruch, der sich vielerorts nicht so einfach wegstecken ließ. Vor allem die freien Häuser, die nicht institutionell gefördert werden und gewissermaßen von der Hand in den Mund leben, mussten kreative Lösungen finden und sich obendrein kostenaufwendig für die Zeit nach dem Lockdown coronagerecht aufstellen. Das Horizont Theater am Thürmchenswall war Teil dieser leidtragenden Gruppe. Besonders pikant: Nachdem das Theater nach zuletzt sehr starken Monaten endlich alle langfristigen Verbindlichkeiten ablösen konnte, erschien der erste Lockdown wie ein Schlag in’s Gesicht; seither kämpft das Theater wieder von Tag zu Tag, um den Erhalt des Hauses irgendwie bewerkstelligen zu können. Wie wirkt sich nun der „Lockdown-Light“ auf das Theater aus? Wird es überleben? Und welche Forderungen stellt die Theaterleitung an die Politik? Wir haben beim Intendanten Christos Nicopoulos nachgefragt, in Form eines Fragebogens. Ein Interview der etwas anderen Art.
1. Welche Fördergelder habt ihr beantragt und wie lief die Antragsstellung ab?
Wir haben unseren Steuerberater damit beauftragt, die 75% Entschädigung für November für uns zu beantragen. Bis heute allerdings (22. November 2020) gibt es kein entsprechendes Formular für die Beantragung dieser Gelder.
2. Kann der Betrieb die nächsten drei Monate unter den aktuellen Bedingungen überleben?
Wir bezahlen immer noch eine enorm hohe Miete, die wir für das laufende Jahr nicht gekürzt haben. Sollte sich eine Mietkürzung für 2021 bei dem Vermieter nicht durchsetzen lassen und sollten wir keine Entschädigung für November und wahrscheinlich Dezember erhalten, wird das Theater nicht überleben.
3. Welche Sicherheitsmaßnahmen habt ihr umgesetzt und wie viel Geld habt ihr dafür in die Hand genommen?
Wir haben ca. 1.000 Euro ausgegeben für unsere Desinfektionsmittelspender, Corona-Schilder und transparente Trennwände für Café und Kassenbereich. Nicht mit eingerechnet ist hierbei der finanzielle Aufwand für das Entwerfen von Hygienekonzepten, das Schaffen der entsprechenden Sicherheitsabstände und das „coronagerechte“ Umarbeiten unserer Inszenierungen. Letzteres natürlich nur, sofern dies möglich ist; es gibt eine Reihe von Stücken, die wir überhaupt nicht mehr spielen können.
4. Wie viele Arbeitsplätze sind gefährdet?
2 fest angestellte Arbeitsverhältnisse sind gefährdet und natürlich unsere etwa 30 selbstständig arbeitenden SchauspielerInnen.
5. Wie haben sich die Lockdowns auf eure mittel- und langfristige Planungen ausgewirkt?
Es ist sehr frustrierend, immer wieder frisch gedruckte Spielpläne in die Mülltonne zu werfen. Und obwohl unsere Spielpläne für Januar und Februar 2021 fertig sind, sind alle langfristigeren Planungen auf Eis gelegt. Für unsere Visionen und Ideen ist dies natürlich äußerst abträglich.
6. Was erwartet ihr von der Politik und wie bewertet ihr das bisherige Vorgehen?
a) Ich wünsche mir unbürokratische Beantragungs- und Bearbeitungsverfahren.
b) SchauspielerInnen, die normalerweise ihre Arbeit selbst akquirieren und generieren, sollten nicht gezwungen sein Hartz 4 zu beantragen, sondern sollten eine Kurzarbeiterpauschale erhalten.
Es kann nicht sein, dass das Theater zwar 100 % Miete zahlt, die SchauspielerInnen aber nur die Aussicht (wenn überhaupt!) auf deutlich geringere Ausgleichszahlungen haben.
Die Zahlung der Soforthilfe NRW und die Unterstützung des Kölner Kuturamts im Frühjahr waren sehr gut.
Die Stipendien für KünstlerInnen, um ihre Projekte realisieren zu können, sind eine wunderbare und richtige Möglichkeit.
Schön wären Stipendien, bzw. eine Förderung für Theater, um Projekte und Zukunftsvisionen für die (hoffentlich stattfindende!) Zeit nach Corona entwickeln und gestalten zu können.
Foto 1: Mal wieder ist das Horizont Theater gezwungenermaßen geschlossen. Wann es weitergeht, ist noch nicht in Sicht.
Foto 2: Natalie Eichert – Der Hausherr des Horizont Theaters: Christos Nicopoulos.
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Wir haben schon während des ersten Lockdowns ein Interview mit Christos geführt. Dieses findet ihr hier: „Dieser Kapitalismus macht vieles kaputt“ – Ein Interview mit dem Horizont Theater