Das Papier und die Moderne – Ein Wechselbad der Gefühle
Wo sonst nur unerlaubt Autos parken, stehen jetzt 99 ausgediente rote Verkaufsautomaten der BILD-Zeitung. Aufgestellt hat sie rund um den Brunnen auf dem Börsenplatz Aktionskünstler HA Schult. Ein Denkmal für das Material Papier – und gleichzeitig noch für einen guten Zweck. Bis zum 20. September ist die Aktion „Verlust bringt Gewinn“ dort noch zu sehen.
Am Anfang war die Floppy-Disk, heute ist es der USB-Stick. Wer seine Daten zwischenzeitlich nicht regelmäßig auf neue Datenträger überspielt hat, steht dumm da. Bei allem technischen Fortschritt in der Kommunikationstechnologie – Papier hat sich als am dauerhaftesten erwiesen. Und ist trotzdem auf dem Rückmarsch. Was sich nicht zuletzt in den sinkenden Auflagen der Printmedien zeigt.
Köln soll schöner werden – ohne die alten Verkaufsautomaten
So nimmt inzwischen die Zahl der Verkaufsautomaten für Boulevardzeitungen ab. In Köln zum Teil notgedrungen, seit die Verwaltung deren Anpassung an ein besseres Straßenbild forderte. Daraufhin sonderte die BILD-Zeitung viele dieser Blechbehälter aus und stellte sie jetzt HA Schult zur Verfügung. Der verschönerte sie mit wilden Graffitis und postierte sie vor dem Gebäude der Industrie- und Handelskammer.
„Früher setzte man sich an die Schreibmaschine und dachte nach, bevor man etwas in die Welt setzte“, sagt HA Schult mit leichter Wehmut. „Heute geht alles sofort mit einem Tastendruck als Wahrheit rund um den Globus.“ Doch er wolle der papiernen Vergangenheit nicht nachtrauern, die Welt ändere sich eben. Und selbst dem Auto drohe ja langsam das Ende. Mit dessen Rolle und Auswirkungen auf unser Leben hat er sich auch immer wieder auseinandergesetzt.
Auch im Düsseldorfer „Exil“ immer noch ein Herz für Köln – Aktion kommt obdachlosen Menschen zugute
Davon zeugt noch das Flügelauto auf dem Turm des Noch-Stadtmuseums, was vor Jahrzehnten gegen den Willen des damaligen Regierungspräsidenten dort hochgehoben wurde. Was der damals nicht schaffte – nämlich den Künstler aus der Stadt zu vertreiben –, gelang vor wenigen Jahren dem Kunstbeirat, der die Stadt vor allem in Sachen Kunst im öffentlichen Raum beraten soll. In einer mehr als fragwürdigen Stellungnahme sprach er sich gegen den temporären Bau von HA Schults „Save the World“-Hotels unter der Deutzer Brücke aus.
Es entstand trotzdem und warb für eine Hilfsaktion des Vereins „Kunst hilft geben für Arme und Wohnungslose in Köln e.V.“. Der will mit Spendengeldern die „Casa Colonia“ bauen: Ein Haus mit 16 Wohneinheiten für Wohnungslose, Studenten und Künstlern. Rund 2,5 Millionen Euro werden dafür gebraucht. Diesem Verein fühlt sich HA Schult auch in seinem Düsseldorfer „Exil“ verpflichtet und widmet ihm die Aktion auf dem Börsenplatz: Für 1.000 Euro kann man einen Automaten kaufen, darin liegt ein limitierter und signierter Kunstdruck von HA Schult. Und mindestens ein Automat wird im Bonner „Haus der Geschichte“ landen. Mehr Infos: www.kunst-hilft-geben.de