Wie das so ist, die erste eigene Regie zu bewältigen, erfährt derzeit Leonie Schlüter. Ab Ende September kehrt der Kinderbuchklassiker „Das Dschungelbuch“ in der Neuinterpretation „Mowglis Dschungelbuch“ im Horizont Theater ein und schon die Vorbereitung erweist sich als wahrer Härtetest. „Mir ist die Schauspielerin ausgefallen, die Kaa, die Schlange, spielt“, klagt die junge Regisseurin. „Das war natürlich nicht geplant. Jetzt darf ich selbst einspringen.“ Neben der Regiearbeit bedeutet das nun zusätzlich die Meisterprüfung im Bauchtanz. Viel Wasser wird den Rhein bis zur Premiere nicht mehr runterfließen. Ob das gut gehen wird?
Wer „Das Dschungelbuch“ hört, der denkt ad hoc wahrscheinlich an Disneys Zeichentrickfilm und weniger an Rudyard Kiplings Buchvorlage aus dem Jahr 1894. Die Geschichte von Mowgli, der als Waise im Dschungel landet und von einem Wolfsrudel großgezogen wird, begeistert Menschen eines jeden Alters nun schon seit über einem Jahrhundert. Und dabei ist die Themenpalette, die gerne in Kiplings Werk hineingedeutet wird, gar nicht so leicht zu verdauen. Glorifizierte Kolonialisierung, fragwürdige Rassensysteme und hegemoniale Verhältnisse, viele Kritiker betrachten das Original argwöhnisch, in der Disney-Umsetzung fanden diese Aspekte überhaupt keine Berücksichtigung. Der Konzern modellierte die Geschichte nach eigenem Gutdünken um, passte sie an ein junges Publikum an und romantisierte sie gnadenlos. „Unsere Inszenierung orientiert sich an Kiplings Buchvorlage, vom Film ist sie komplett abgehoben“, sagt die Regisseurin. „Aber so stark in die Tiefe gehen wir auch wieder nicht. Toleranz und das Zusammenleben unterschiedlichster Arten spielen eine wichtige Rolle, aber das sind ebenso Kernaspekte des Buches.“
Präsentiert wird euch die Inszenierung in Form eines Musiktheaters, bei dem Mowgli die Geschehnisse aus der Retrospektive heraus betrachtet und über sie berichtet, als wären es seine Memoiren. Er befindet sich währenddessen die ganze Zeit über im Dialog, mit den Figuren auf der Bühne als auch mit euch als Publikum. „Ich habe die Aufführung in einer ähnlichen Fassung und mit einem anderen Ensemble bereits als musikalische Leitung begleitet“, erklärt Leonie. „Aber sie auch als Regisseurin zu führen, das ist schon eine andere Nummer. Man muss auf viel mehr Kleinigkeiten achten, alles im Blick behalten. Das macht extrem viel Spaß, ist aber auch anstrengend.“ Die als freiberufliche Musikerin tätige Regisseurin hat alle gespielten Lieder selbst komponiert und für die Inszenierung im Horizont entsprechend angepasst. Und dass sie aufgrund des Ausfalls einer Kollegin nun selbst die Schlange Kaa spielen muss, das mache ihr nichts aus. „Ich stehe ja selbst ständig auf der Bühne. Leider bedeutet das aber, dass der schlangenartige Bauchtanz entfällt und durch orientalische Tänze ersetzt wird. Das ist sicherlich ansehnlicher für das Publikum, meine Fähigkeiten im Bauchtanz sind nämlich, gelinde ausgedrückt, ausbaufähig…“
Ihr habt also Glück. Die Aufführung beinhaltet weder 0815-Bauchtänze, die das Blut in den Adern gefrieren lassen, noch langatmige und einschläfernde Passagen, die die Inszenierung unnatürlich in die Länge ziehen. „Da wir das Stück schon so oft aufgeführt haben, wissen wir, dass es vor jungem Publikum funktioniert.“ Ein bisschen Schraubendrehen hier, ein bisschen Schraubendrehen da, und schon ward die Inszenierung auch für ein älteres Publikum ausgerichtet und nicht nur für die Pänz – es kann also gerne jeder kommen, der etwas für eine schöne Geschichte und gute Musik übrighat. „Weil wir so viel mit Klängen und Geräuschkulissen und mit verschiedenen Musik- und Tanzstilen arbeiten, sprengen wir die Altersgrenze. Wir hoffen, es kommen so viele Besucher wie möglich und lassen sich verzaubern.“ Anyone?
Wen von uns hat „Das Dschungelbuch“ damals nicht berührt? Mit „Mowglis Dschungelbuch“ packt das Horizont Theater eine neu aufgelegte, unterhaltsame Interpretation des Kinderbuchklassikers aus, die vor Tanz und Musik nur so strotzt und für einen anregenden Familienausflug wie geschaffen scheint. So dürfte die erste Regie doch gleich viel leichter von der Hand gehen…
Wir wünschen euch viel Spaß.
Fotos: Horizont Theater
Zeiten:
8. Februar 2020:
16:00 Uhr
9. Februar 2020:
14:00 Uhr
28. März 2020:
12:00 Uhr
29. März 2020:
12:00 Uhr
4. April 2020:
16:00 Uhr
25. April 2020:
14:00 Uhr
26. April 2020:
12:00 Uhr
Preise:
Eintritt: 7,00 €
Ab 40 Personen: 5,00 €
Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:
Horizont Theater
Adresse: Thürmchenswall 25, 50668 Köln
Kartentelefon:
0221 – 13 16 04
Webseite: www.horizont-theater.de/produktionen/mowgli
KVB: Linien 12, 15, 16, 18: Ebertplatz