Sie wurde 1938 in Ägypten geboren, studierte in der Türkei und lebt seit 1965 in Frankreich. Nil Yalter ist eine Weltenbummlerin. Sie ist eine Vorreiterin der konzeptionellen Videokunst und eine Künstlerin, deren Erfahrungen sich in ihren Arbeiten widerspiegeln. Eine Künstlerin, die seit jeher gesellschaftlichen, sozialen und politischen Problemen zu trotzen versucht. Und nun präsentiert das Museum Ludwig erstmalig in Deutschland eine Überblicksausstellung ihrer bestehenden Werke, die bis in die 70er-Jahre zurückreichen und deren Themen auch heute noch höchst aktuell sind. Feminismus, Migration und Vertreibung, Diskriminierung, Ausbeutung und Identitätssuche – Die Ausstellung Exile Is a Hard Job wirft euch geradewegs ins kalte Wasser hinein und erzählt Geschichten, die noch immer um uns herum wüten und die dem bloßen Auge vieler Menschen verborgen bleiben.

„Die Themen, die Nil Yalter in ihren Arbeiten seit fast 50 Jahren verarbeitet, haben an Aktualität nie verloren“, sagt Yilmaz Dziewior, Direktor des Museums. „Bei der Pluralität der Lebensgeschichten in und um Köln ist es mir ein großes Anliegen mit dieser Ausstellung auch die nicht-erzählten und weniger bekannten Geschichten sichtbar zu machen.“

Diese nicht-erzählten und weniger bekannten Geschichten sind es nämlich, die im hart geführten Diskurs um Migration, wie er seit 2015 in Deutschland herrscht, gerne mal untergehen. Es sind Geschichten, die von Fluchterfahrungen berichten, von Problemen, die sich aufgrund einer Neufindung in fremden und neuartigen Kulturen auftun. Sie skizzieren den Kampf von Frauen in patriarchalischen Gesellschaften und sprechen sowohl von Gefangennahme als auch von dem Versuch, aus solchen Systemen auszubrechen. Es sind Geschichten, die Identitätsverlust zum Thema haben und die Herausforderungen herausstellen, die sich im Laufe einer Migration in neue Kulturkreise einstellen. Geschichten, die im ersten Moment vielleicht untergehen, wenn über Migration, Diskriminierung und Integration gesprochen wird.

Die Yalter-Ausstellung verarbeitet jene Themen in verschiedenen Fotoserien, in Collagen und in Videos, in Gemälden und durch die Nutzung identitätsstiftender Gegenstände. Die Werke versinnbildlichen Lebensbedingungen, denen Exilanten in ihrer neuen Heimat ausgesetzt sind, sie geben euch die Möglichkeit, in die Haut jener zu schlüpfen und zu erfahren, mit welchen Gefahren, Kämpfen und Emotionen ein Exil aufwartet. Jedes Ausstellungsstück erzählt dabei eine eigene Geschichte und jede davon birgt das Potenzial, Gänsehaut aufkommen zu lassen. Denn es sind Geschichten, mit denen sich eine große Zahl von Menschen identifizieren kann. Und ebenso Geschichten, zu denen noch mehr Menschen keinerlei Berührungspunkte haben; und wahrscheinlich nie haben werden.

Wieso also nicht ein kleines Gedankenexperiment an dieser Stelle anbringen? Denn zwangsläufig konfrontiert euch die Ausstellung mit den folgenden Fragestellungen, sie erfordert Empathie und lässt jene geradezu auflodern. Man stelle sich nur vor, man wäre selbst in der Situation, sich in eine fremde Kultur eingewöhnen zu müssen. Man wäre selbst auf der Flucht, aus politischen, sozialen oder gesellschaftlichen Gründen. Wie würde wohl die eigene Anpassung, die eigene Eingewöhnung in einem neuen Land vonstattengehen? Könnte wohl ein jeder von sich behaupten, sofort die Arbeit finden zu können, die er oder sie auch schon vorher ausgeübt hat? Fiele die Integration leicht? Oder wäre sie mit hohen Hürden verbunden? Würde man sich als erstes an die Personen halten, die einem vertraut sind, die dieselbe Sprache sprechen und die einem beizeiten gar auf die Füße helfen? Oder würde man sich ohne Umschweife mit den Menschen vor Ort verständigen können? Wie viele Personen könnten wirklich von sich behaupten, aufkommende Komplikationen ohne Probleme meistern zu können? Wie viele Menschen könnten von sich behaupten, ohne größere Anstrengungen in einer fremden Kultur bestehen zu können?

Dieses Gedankenspiel mag hier vielleicht überflüssig erscheinen. Aber das Empfinden, sich in das Leben anderer Menschen einzufühlen, nimmt in der Ausstellung Exile Is a Hard Job einen gewichtigen Stellenwert ein. Sie führt euch vor Augen, dass das Leben im Exil harte Arbeit ist und dass Integration nicht gleich Integration bedeutet. Egal, ob sich ein Exil in Frankreich, der USA oder in Deutschland befindet. Es ist vielmehr geprägt von Herausforderungen, von Kämpfen und der Suche nach einer neuen Identität. Einer Identität, die sich in einer neuen Kultur erst einmal wiederfinden muss.
Wir wünschen euch viel Spaß.

Zeiten:

noch bis zum 2. Juni 2019

Preise:

regulärer Eintritt:
11,00 €
ermäßigter Eintritt:
7,50 €
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren:
Eintritt frei.

Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:

Museum Ludwig, Köln
Adresse: Heinrich-Böll-Platz, 50667 Köln
Telefon:
0221 – 221 261 65
Webseite:
www.museum-ludwig.de
KVB:
Linien 5,16, 18: Dom/Hbf
Linie 5: Rathaus

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