Doppelt hält besser
Das Kölner Käthe-Kollwitz-Museum besitzt eine der größten Sammlungen von Arbeiten der Berliner Künstlerin (1867-1945). Jedes Jahr stellt Direktorin Hannelore Fischer daraus eine thematische Sonderausstellung zusammen. In diesem Jahr steht sie unter dem Motto „Porträt im Fokus“ – wieder mit einigen Exponaten, die bislang noch nie zu sehen waren. Parallel dazu gibt es ein Wiedersehen mit Kollwitz-Urenkel Jan Kollwitz und seinen japanischen Keramiken.
Ausgangspunkt für diese Ausstellung mit über 50 Zeichnungen und Druckgrafiken ist eine neue Dauerleihgabe aus Privatbesitz: Das Bildnis von Kollwitz’ Neffen Konrad, entstanden um 1889, eins ihrer eher seltenen Gemälde, noch entstanden während ihres Studienzeit. Das Kinderbild zeigt schon ihr späteres Können vor allem als Porträtistin. Vor dieser Gabe war kein Familienmitglied sicher: Sie zeichnete Vater und Bruder, Geschwister, ihre schlafenden Söhne, ihre Nichten (die mit dem Ergebnis nicht immer einverstanden waren), die Enkel. Bei Ehemann Karl hielt sie sich dagegen zurück.
Das Porträt als „Offenbarung eines Wesens“
Meisterhaft beherrschte sie Bleistift, Kohle, Kreide, Tusche, auch Holzschnitt und Lithographie. Oft brauchte sie nur wenige Striche, andere Bilder arbeitete sie bis zur letzten Gesichtsfalte aus oder setzte auf Licht und Schatten. Dabei immer der Maxime verpflichtet, dass ein Porträt mehr ist als nur ein bloßes Abbild, sondern die „Offenbarung eines Wesens“, der Offenlegung der Persönlichkeit des Abgebildeten.
Neben Familienmitgliedern und Freunden saßen ihr Patientinnen und Patienten ihres Ehemannes – er war „Armenarzt“ im Berliner Kiez Prenzlauer Berg“ – Modell. Wofür diese auch entlohnt wurden. Eindrucksvolle Studien sind zu sehen: ein stolzer Arbeiter und einer, dem man die Mühen des Lebens ansieht. Grübelnde Männer und natürlich Mütter mit ihren Kindern.
Nur ein Porträt war eine bezahlte Auftragsarbeit
Aber auch prominente Vertreter der Arbeiterbewegung und linker Parteien hielt sie in 1920er und 1920er fest. So den Sozialdemokraten und Publizisten Heinrich Braun, die Frauenrechtlerin Lily Braun, den Pazifisten Hugo Haas, den Matrosen, Maurer und Schriftsteller („Stalingrad“, 1945) Theodor Plievier. Eine Ikone der Kunst- und Polit-Geschichte ist ihr Kopf des ermordeten KPD-Führers Karl Liebknecht auf dem Totenbett. Als einziges bezahltes Auftragsporträt entstand das von Claire Bartning, Ehefrau des Architekten Otto Bartning.
Parallel zu dieser Ausstellung gibt es ein Wiedersehen mit dem Keramiker Jan Kollwitz. Der Urenkel von Käthe Kollwitz lernte dieses Kunsthandwerk in Japan. Die Verkaufsausstellung zeigt Schalen, Tassen, Töpfe und Bodenvasen, die sich durch strenge Schlichtheit auszeichnen – ganz im Sinne der Zen-Philosphie, der Jan Kollwitz folgt. Muster und Farbe der Objekte sind nicht geplant, sondern Zufalls-Ergebnisse des Brenn-Prozesses, der sich über vier Tage hinzieht und bei dem alle drei Minuten neues Holz nachgelegt werden muss. Kollwitz ist während der gesamten Ausstellungsdauer anwesend.
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Foto 1: Käthe Kollwitz Museum Köln – Käthe Kollwitz: „Schlafendes Kind (Hans Kollwitz)“ (1892, Tusche). Dauerleihgabe aus Privatbesitz
Foto 2: Käthe Kollwitz Museum Köln – Käthe Kollwitz: „Männerkopf in zwei Ansichten“ (um 1925, Kreide).
Foto 3: Jürgen Schön – Jan Kollwitz zeigt seine japanischen Keramiken.
„Jan Kollwitz: Feuer und Erde – Japanische Keramik“
Zeiten:
Bis zum 29. August 2021
Dienstag bis Sonntag:
11:00 – 18:00 Uhr
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„Käthe Kollwitz: Portraits im Fokus“
Zeiten:
Bis zum 26. September 2021
Dienstag bis Sonntag:
11:00 – 18:00 Uhr
Preise:
Eintritt: 6,00 €
Ermäßigt: 3,00 €
Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:
Käthe Kollwitz Museum Köln
Adresse: Neumarkt 18-24, 50667 Köln
Webseite: www.kollwitz.de/jan-kollwitz und www.kollwitz.de/portraits
KVB:
Linien 3, 4, 7, 9, 16, 18: Neumarkt