Deutungshoheit ausgeschlossen, Respekt erwünscht
Wie fragil eine Demokratie ist, wurde uns in den letzten vier Jahren mehr als anschaulich vor Augen geführt. Eine in zerstrittene Lager gespaltene USA unterminierte die Selbstverständlichkeit, mit der wir die Demokratie Tag um Tag genossen haben, ohne dass wir jemals wirklich an ihrer Stabilität zweifelten. Diese Selbstverständlichkeit ist dahin. Und auch in Deutschland hat uns die Pandemie gezeigt, wie schnell Meinungen auseinander gehen und welche Auswirkungen dies auf den gesellschaftlichen Frieden haben kann. Und wenn die Politik nicht in der Lage zu sein scheint entstandene Gräben zu beseitigen, liegt es wohl mal wieder an bürgerlichen Formaten, über diese Gräben eine Brücke zu bauen. Eines davon ist das vom „Netzwerk Dialog & Demokratie“ initiierte #RESPECTSPEECH-Format, das nun in seine 3. Auflage geht. Online, gezwungenermaßen im Zoom-Meeting, versucht es so zwischen gegensätzlichen Meinungen zu vermitteln und die Meinungskultur als einen wichtigen Aspekt der Vielfalt zu feiern.
Der erste Lockdown Anfang des Jahres ist gerade zu Ende, wir sitzen mit Ruth zum Kley im Foyer des Kölner Künstler:innen Theaters (KKT) am Grünen Weg. Ein „Lockdown Light“ liegt in weiter Ferne und ein weiteres Format der erst 2019 an den Start gegangenen Veranstaltung soll in die nächste Runde gehen. Als „Netzwerk Dialog & Demokratie“ forciert das Theater gemeinsam mit der Theaterakademie Köln (TAK) sowie dem Theaterbüro Aachen den Austausch gegensätzlicher Meinungen – mit dem Ziel den Meinungsdiskurs anzuregen und Verständnis für Standpunkte Andersdenkender zu schaffen. „Die Menschen müssen wieder mehr miteinander reden“, erzählte uns damals die Theaterleiterin, die das KKT zusammen mit ihrem Ehemann Georg leitet. „Demokratien sind beizeiten schwerfällig und von einem permanenten Diskussionsklima abhängig. Diesen Austausch möchten wir mit #RESPECTSPEECH fördern.“
Eine richtige Meinung? Gibt es nicht
Und da dem Theater eben dieser Meinungsaustausch ein wichtiges Anliegen ist, schloss man sich mit dem TAK und dem Theaterbüro Aachen zusammen und gründete das „Netzwerk Dialog & Demokratie“, das nun als ausrichtende Instanz des Meinungsformats agiert. Der Ablauf hat sich online ein wenig geändert, im Offline-Modus gab es natürlich mehr Freiheiten für alle Beteiligten. Statt sich gemeinsam in den Räumlichkeiten des KKT auszutauschen, findet der #RESPECTSPEECH 3.0 nun innerhalb eines Zoom-Meetings statt; dieses Mal gefördert von NEUSTART / fonds daku / #takeNote und vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, weshalb die Online-Veranstaltung für euch komplett kostenfrei ist.
Nach einer kurzen Einführung werdet ihr einer anderen Person zugeteilt, mit der ihr anschließend 25 Minuten über Politik, Gesellschaft oder alle möglichen Themen, die euch bewegen, diskutiert. Dieses Prozedere durchlauft ihr gleich zweimal, mit unterschiedlichen Personen, bevor es in die offene Runde geht, in der alle Teilnehmenden das Diskutierte nochmals reflektieren. Wie konnte Donald Trump die Demokratie in den USA nur so leicht unterwandern? Machen wir es uns nicht zu leicht, diesen Umstand nur zu verteufeln anstatt den Ursachen auf den Grund zu gehen? Und ist die AfD doch nicht so schlimm, wie uns durchweg suggeriert wird? Hat sie gar positive Seiten an sich? Oder beruht ihre eigene Existenzberechtigung nur auf dem Prinzip des Teilens und Herrschens?
Ihr merkt schon, das Diskussionsspektrum streckt sich, gut und schlecht gibt es nicht, eine wahre Meinung ebenso wenig. Wie der Name der Veranstaltung schon verrät, steht der respektvolle Umgang mit dem eigenen Gegenüber im Vordergrund. Wieso denkt der oder die andere so? Kommt man vielleicht auf einen gemeinsamen Nenner? Wo finden sich Schnittpunkte, die einen Kompromiss zulassen und die das gesellschaftliche Zusammenleben fördern denn vergiften?
Die Demokratie in Deutschland ist angeschlagen. Corona hat Gräben, die zuvor schon bestanden, noch weiter auseinander klaffen lassen; wenn wir nicht aufpassen, fliegt uns die ganze Situation und deren Folgen langfristig um die Ohren. Social-Media-Plattformen verrichten ihr übriges Unheil, noch nie war es so leicht, anonym und ohne Konsequenzen gegen Andersdenkende zu hetzen, das Klima aufzuheizen und sich dabei bestätigt zu fühlen. Und damit gar andere in deren eigener Meinung zu bestätigen – liegt darin wohl der gefährlichste Aspekt dessen. Doch es gibt andere Wege. Seid ihr unzufrieden mit der gegenwärtigen Situation? Wollt ihr etwas verändern? Jeder von uns kann das, selbst als Einzelperson. Und #RESPECTSPEECH bietet eine Plattform, auf der ein erster Schritt gegangen werden kann.
Foto 1: Kölner Künstler:innen Theater – Das Format #RESPECTSPEECH wird vom KKT, der Theaterakademie Köln sowie dem Theaterbüro Aachen organisiert.
Foto 2: Kölner Künstler:innen Theater – Ein Zeichen der Zeit: Das Meeting findet auch dieses Mal nur online statt.
Wann?
2. Februar 2021
und
2. März 2021
ab 19:30 Uhr
Wo?
Zoom-Meeting unter:
https://us02web.zoom.us/j/87099734360?pwd=ZHkwSTFja0xVc1MxbW5IdFc4b3N2dz09
Meeting-ID: 870 9973 4360
Kenncode: 929377