
Beliebtes Fotomotiv: Die „ALAAF“-Skulptur gegenüber dem Stadtmuseum-Interim in der Minoritenstraße. – Foto: JS
Wegen Platzmangel: Das Stadtmuseum zu Gast im MAKK
Gegenüber dem Interim des Stadtmuseums in der Minoritenstraße steht der große Schriftzug „ALAAF“: Das öffentliches Geburtstagsgeschenk für den Kölner Karneval. Dessen organisierte Ausführung – festgemacht am ersten Rosenmontagszug – wird in diesem Jahr 200 Jahren alt. Grund genug, dieses Jubiläum mit der fakten- und objektreichen Ausstellung „Karneval in Köln. Wie alles begann“ zu feiern. Doch weil das Stadtmuseum nicht genug Platz hat, hat es diese eine Ecke weiter ins MAKK (Museum für Angewandte Kunst Köln) ausquartiert.
Gleich am Anfang ein für viele Kölner und Kölnerinnen sicherlich bislang unbekannter Geburtshelfer: Am Anfang stand nicht das Ziel, Freiraum für Narretei zu schaffen, sondern Geld für soziale Ausgaben zu besorgen. Denn die Preußen hatten die von den französischen Besatzern eingeführten Abgaben für „öffentliche Lustbarkeiten“ aufgehoben. Das Geld fehlte in Köln nun für Kranken- und Waisenhäuser und andere soziale Einrichtungen

Erste bildliche Darstellung des „Helden Carneval“ (Wilhelm Goebels, Köln 1824) – Kölnisches Stadtmuseum, Foto: Rheinisches Bildarchiv
Organisierter Karneval aus sozialer Verantwortung
Weil nun aber der wilde Straßenkarneval, den sich die Kölner auch nicht von den Franzosen hatten verbieten lassen, den Preußen ein Dorn im Auge war, bot die „Olympische Gesellschaft“ den neuen Herren an, diesen in geordnete Bahnen zu lenken. Im Gegenzug sollte wieder die Lustbarkeitsabgabe zugunsten sozialer Zwecke eingeführt werden. Was dann auch geschah – und den Kölnern Karnevalssitzungen, Karnevalsbälle und den ersten Rosenmonatszug bescherte. Organisiert wurde alles vom „festordnenden Comité“, aus dem später das Festkomitee Kölner Karneval wurde.

„Karneval in Köln. Wie alles begann“ – Blick in die Ausstellung, Themenschwerpunkt Musik. – Foto: JS
Eine meterlange Jahrestafel im 3. Stock des MAKK listet die wichtigsten Daten der 200-jährigen Karnevalsgeschichte auf. Zum Beispiel 1928: Der Kölner Rosenmontagszug wird als erster im Radio übertragen, 1953 ist er Vorreiter im Fernsehen. 1936: Zum ersten Mal dürfen Frauen Funkenmariechen sein, bis dahin tanzten nur die Männer im Paar. 1938: Die Nazis ordnen an: Die Rolle der Jungfrau im Dreigestirn wird von einer Frau übernommen – eine Regelung, die nach 1945 sofort wieder vom Festkomitee aufgehoben wird, nur tanzen durften die Frauen weiter. 1978: Erstmals dürfen Frauen im Rosenmontagszug mitgehen. 2014: Das erste uniformierte Damencorps wird gegründet.
Der offizielle Karneval ist lange Zeit Männersache
Diese lang währende Frauenfeindlichkeit des Männerordens Karneval ist auch in der Ausstellung Thema, wenn auch eher als Fußnoten. Andere Aspekte des Kölner Karnevals werden ausführlicher ausgebreitet – in Wort und Bild, genauer mit Text und ausgewählten Objekten – viele unbekannt, andere legendär. Wie in der Abteilung Musik das Sousaphon, mit dem Büttenredner Karl-Hanz Jansen alias „ne Trötemann“ stets in die Bütt trat, das Instrument aber nie spielte.

„Karneval in Köln. Wie alles begann“ – Blick in die Ausstellung, Themenschwerpunkt Musik. – Foto: JS
Auch andere Karnevalisten werden vorgestellt, manche kann man sich auch anhören. Bei den Büttenrednern beklagt Kuratorin Johanna Cremer nicht zu Unrecht, dass diese zunehmend unpolitischer werden – also die Kritik an der Obrigkeit und damit ein wesentlicher Aspekt des Karnevals entsorgt wird.

Wegen Corona gab es 2021 keinen Rosenmontagszug. Stattdessen eine Miniaturausgabe im Hänneschen-.Theater-Miniformat: Hier der Wagen des Zugleiters. – Foto: JS
Als Verkleiden verboten war und bestraft wurde
Orden, Rosenmontagszug, Dreigestirn, alternativer Karneval, Bälle und Sitzungen sowie der Wirtschaftsfaktor Karneval sind weitere Themenschwerpunkte. Oder Kostümierung – wer sich allerdings 1403 verkleidete, musste „5 Marck“ Strafe zahlen: Es galt ein Vermummungsverbot Etwas zu kurz kommt leider die unrühmliche Anpassung des Karnevals in der NS-Diktatur und die „Selbstreinigung“ durch Thomas Liessem, Chef-Karnevalist von den 1930 bis in die frühen 1950er Jahre. Immerhin: Zu sehen ist ein historischer Film des Rosenmontagszugs von 1936 mit einem antisemitischen Mottowagen.
Ältestes Exponat ist ein „Bartmannkrug“. Den Tonkrug aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts ziert das Wort „Alaaf“. „An 1. Stelle“ oder „über alles“ heißt das Wort ins Hochdeutsche übersetzt, so ist zu lesen. In diesem Sinne: Drei Mal „Karneval in Köln. Wie alles begann – Alaaf!“
Zeiten:
noch bis 30. Juli 2023, Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr
Preise:
Eintritt: 5,00 €
Ermäßigt: 22,50 €
Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:
Museum für Angewandte Kunst Köln
Adresse: An der Rechtschule, 50667 Köln
Telefon: 0221 / 221 267 14
Webseite: www.makk.de
KVB:
Linien 3, 4, 5, 16, 18: Dom/Hbf.