
Pop-up-Modell des Heumarkts im 19. Jahrhunderts nach den Zeichnungen von Franz Kreuter. – Foto: JS
Köln, wie es Mitte des 19. Jahrhunderts aussah
Viel hat sich im Stadtbild Kölns in den letzten 200 Jahren verändert. Aber wie sah die Stadt in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus? Ein weißer Fleck – wäre da nicht Franz Kreuter gewesen. Er zeichnete überaus penibel nach, was rechts und links der wichtigsten Straßen Kölns stand. Und wie es damals aussah, zeigt jetzt im neuen Stadtarchiv die Ausstellung „M’r welle en neue Stadt baue“. Ihr Clou: Sie lädt dieBesucher ein, mit einer VR-Brille in die Vergangenheit einzutauchen.
Franz Kreuter, 1810 in Köln geborener Buchhändler, Antiquar und Heimatdichter, zog mit dem Bleistift durch Köln, im Mittelpunkt die Nord-Südachse vom Eigelstein zur Severinstorburg und die West-Ost-Achse vom damals noch existierenden Stadttor an den heutigen Hohenzollernring über die Ehrenstraße zum Rhein. Dazu noch zahlreiche Neben- und Verbindungsstraßen. Für die Ausstellung wurden die Pläne in Pop-Up-Bilder „umgebaut“ – und so stehen auf dem heute leeren Heumarkt die Börse und andere Häuser.
Eine Zeit, in der sich Kölns Stadtbild grundlegend änderte
Das 19. Jahrhundert war ein Jahrhundert grundlegender Veränderungen. Nach dem Abzug der Franzosen kamen die Preußen nach Köln. Für eine wachsende Bevölkerung mussten – ein bis heute aktuelles Thema – preisgünstige Wohnungen gebaut werden, dafür verschwanden die Weinberge und Ackerflächen innerhalb der Stadtmauer, die noch auf spätmittelalterlichen Stadtplänen zu sehen sind.

Mitte: Die Marzellenstraße mit dem Jesuiten-Kolleg (obere Reihe Mitte), wie sie Franz Kreuter gesehen hat. Und so sieht dort die Ostseite heute aus (oben) und so die andere Seite (unten) – Fotos: JS
Die Industrialisierung begann, die Eisenbahn kam und „schenkte“ der Stadt in ihrer Mitte den Hauptbahnhof, es gab Strom, Köln wurde Festungsstadt, der Dom wurde vollendet, die Kanalisation gebaut. Die Stadt wuchs weiter, 1881 wurde die Stadtmauer abgerissen. Lange noch blieb es eng, dunkel und dreckig, wie auf Fotos zu sehen ist – leider fehlen dazu Ortsangaben. Viele mittelalterliche Häuser mussten prunkvoll mit Stuck verzierten Gründerzeit-Bauten weichen. Stadtpläne zeigen, wie Köln bis in die jüngste Vergangenheit durch Eingemeindungen wuchs. Fußnoten in dieser Ausstellung sind die Neuschöpfung der Altstadt durch die Nationalsozialisten und Schaffung der autogerechten Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg.
Mit der VR-Brille ein Spaziergang durch das vergangene Köln

Foto des Rheinpanoramas aus dem 19. Jahrhundert: Der Dom ist noch nicht vollendet.
Seit 1892 ist Kreuters Kartenwerk im Besitz des Stadtarchivs. Jetzt erst wird es erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Lukas Lammers, Student für Archeoinformatik am Archäologischen Institut der Universität Köln, puzzelte die rund 100 Dokumente zusammen und füllte Lücken, die es insbesondere bei Kirchen gab. Schließlich digitalisierte er sie und lädt nun die Ausstellungsbesucher ein, mit einer VR-Brille zu einem virtuellen Spaziergang durch das vergangene Köln ein. Ein für viele gewöhnungsbedürftiges Erlebnis und vorerst nur nach Anmeldung möglich.
„M’r welle en neue Stadt baue“
Zeit:
bis 10. März 2024. Öffnungszeiten der Ausstellung: Di-So 9-16.30 Uhr, Mi 9-19.30 Uhr, umfangreiches Begleitprogramm
Preis:
Eintritt frei. Katalog: 30 Euro, Jahreskalender 15 Euro
Kontaktdaten und Anfahrt:r
Historisches Archiv mit Rheinischem Bildarchiv, Eifelwall 5, 50674 Köln. Tel. 0221 / 221-22 327, www.historischesarchiv@stadt-koeln.de.
KVB-Bahn: Linie 9, Eifelwll/Stadtarchiv
KVB-Bus: Linie 142, Eifelwll/Stadtarchiv