
Auf dem Touchscreen lässt sich das digitalisierte Buch „Gipskartoinfeuerschutz“ durchblättern. – Foto: Stephan Kube/SQB/Franka Hörnschemeyer/VG Bild-Kunst/Museum Schnütgen
Wenn laute Worte mit voller Absicht die museale Stille stören
Da steht der Besucher auf der Empore im Museum Schnütgen und liest die Mahnungen, mit denen vor ihm die Propheten aus dem Ratssaal zum Dienst an Gott mahnen. Doch die andächtige Stille wird plötzlich unterbrochen: „Badewanne“ schallt es plötzlich durch die gewohnte museale Stille. Und wenig später „Spülmaschine“ und „Notausstieg“. Irgendwie unpassend – und doch hintersinnig passend ist die im Museum zu hörende Audio-Installation „Gipskartonfeuerschutz“ von Franka Hörnschmeyer.
Bildhauerei ist das eigentliche Metier der Professorin an der Düsseldorfer Kunstakademie. In diesem Rahmen kam ihr die Idee, sich mit der deutschen Baugeschichte der 1950er bis 1990er Jahre zu beschäftigen. Dafür sammelte sie in Architekturbüros die Baupläne zu höchst unterschiedlichen Projekten aus dieser Zeit – Luxuswohnungen ebenso wie sozialer Wohnungsbau, Geschäftshäuser, ein Schlachthaus, eine Kühlanlage, aber auch Parkanlagen. Die Pläne zerschnitt sie und band sie – angereichert mit Fotos von Rheinkieseln – zu unterschiedlich zusammengesetzten Büchern. Eine digitale Version lässt sich per Touchscreen durchblättern.

Franka Hörnschemeyer ließ sich von Bauplänen zu einem Hörstück für Museen inspirieren. – Foto: JS
Nach 22 Minuten ist der Kopf wieder frei für Neues
Die Baupläne erzählten Hörnschmeyer nicht nur vom Wandel des Bauens, seiner „Psychologie“. Das taten auch die Fachbegriffe. Sie setzten sich in ihrem Kopf fest, mussten wieder heraus – und so entstand die Installation, die jetzt an drei Stationen im Museum Schnütgen zu hören ist. Nach jeweils 22 Sekunden ein neues Wort, so lange habe sie gebraucht, um einen Begriff zu vergessen und aufnahmebereit für einen neuen zu sein, erzählt sie.

Aus drei solcher Lautsprecher kommen die Fachwörter aus dem Bauwesen. – Foto: Stephan Kube/SQB/Franka Hörnschemeyer/VG Bild-Kunst/Museum Schnütgen
Wiederholungen gibt es nur ganz wenige, insgesamt dauert die Hör-Aktion 17 Stunden. Gut 2780 unterschiedliche Fachausdrücke sind also zu hören, wie Austritt, Bodenplatte, Türaufschlag, Querprofil, Abwasser, Baureihe und eben Gipskartonfeuerschutz. Den gibt es auch hier im Museum: Mit den Gipsplatten wurden zum Beispiel Nischen verkleidet. So verbindet der laute „Störfaktor“ Mittelalter und Neuzeit und lädt den Betrachter zur Meditation über die Geschichte des Bauens ein. Und vielleicht bald auch in anderen Kölner Museen.
Franka Hörnschmeyer: „Gipskartonfeuerschutz“
Zeit
Bis 21. Januar 2024. Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr. Jeden ersten Donnerstag im Monat 10-22 Uhr
Preis
Eintritt: 6,50 Euro, ermäßigt 3,50 Euro
Kontaktdaten und Anfahrt
Museum Schnütgen, Cäcilienstr. 29-33, 50667 Köln, Tel. 0221 / 221 22 310, www.museum-schnuetgen.de
KVB-Bahn: Linie 1, 3, 4, 9, 16, 18, Haltestelle Neumarkt
KVB-Bus: Linie 136, 146, Haltestelle Neumarkt