Hannah Arendt im Gespräch
Die politische Theoretikerin Hannah Arendt erlebt zur Zeit eine Renaissance. Die Theatergruppe Pulk fiction versucht ihre Gedanken an ein Publikum „ab 13 Jahre“ zu bringen. „Denken ohne Geländer. Hannah Arendt im Selbstversuch“ – eine Koproduktion mit dem Freien Werkstatt-Theater, dem FFT Düsseldorf und dem Theater an der Ruhr Mülheim – hatte jetzt im Kölner FWT Premiere.
„Machen ist wie wollen, nur cooler!“ Ein Spruch, der aktuell in der Jugendszene kursiert. So nah an der Zielgruppe der Kölner Truppe formuliert Hannah Arendt nicht. Etwas komplizierter sind ihre Gedanken über die Beziehung zwischen Denken und Handeln, über Gemeinschaft und Politik schon. Was genau damit gemeint ist, will Ensemblemitglied Hannah Biedermann im Gespräch mit dem Publikum erkunden – eben ganz ohne Geländer. Unterstützung erhält sie vom Bühnentechniker Peter Behle, der mit seinem Mischpult an der Seite sitzt.
Wenn Hannah Arendt anfängt zu paffen
Im Hintergrund werden spaßig bearbeitete Fotos der Philosophin und überzeugten Kettenraucherin auf die Wand projiziert. Da bewegte sie ihren Mund wie eine Kasperlepuppe oder pafft, was das Zeug hält – und nebelt sogar den Zuschauerraum ein.
Beim angestrebten Frage- und Antwortspiel zeigte sich das Publikum bei der Premiere zunächst sehr zurückhaltend. Vielleicht weil es Erwachsene waren. Wohl aus den eigenen Reihen kam dann immerhin die Frage: „Bist Du schwanger?“ Was unübersehbar war. Ende des Jahres soll der Junge zur Welt kommen. Im Folgenden wurde es dann nicht wesentlich „interaktiver“. Und weil ohne Geländer, gab es immer wieder auch Spannungs-Abrutscher.
Bezüge zu aktuellen Themen fehlen
Auf der Bühne verhandelt wird – zum Teil mit Tondokumenten – Arendts Kritik an Politikern, an der bürokratischen Verwaltung von Politik, ihre Auffassung von Feminismus, über die Notwendigkeit sich zusammenzuschließen, um Macht zu haben. Die Notwendigkeit von Öffentlichkeit und die Ohnmacht in totalitären Staaten. Hier hätte Regisseurin Eva von Schweinitz jede Menge aktuelle Bezüge einbauen können – an diesem Abend jedoch Fehlanzeige. Vielleicht zeigt die Zielgruppe „ab 13 Jahren“ da mehr Initiative und Zeitwissen.
Schließlich erbarmt sich ein Mann und ergreift das Ei, das zu Beginn des Abends als Anregung und Symbol auf der Bühne platziert wurde. Er schmeißt das Ei an die Wand – doch es geht nicht kaputt. Reingelegt! Trotzdem Beifall für den mutigen Oliver. Es folgen noch ein paar komplizierte Sätze über Macht, Gewalt und Heldentum. Dann hat das 50-Minuten-Spiel ein Ende.
Foto: Christian Hermann – Vorsicht, Absturzgefahr: Hannah Biedermann im Gespräch mit und über Hannah Arendt.
Zeiten:
1. Oktober 2020:
10:00 Uhr
1. Oktober 2020:
19:00 Uhr
2. Oktober 2020:
10:00 Uhr
Preise:
Über Offticket:
16,50 € / 11,00 €*
*inkl. VVK-Gebühren
Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:
Freies Werkstatt Theater Köln e.V.
Adresse:
Zugweg 10, 50677 Köln
Kartentelefon:
0221 – 32 78 17
Webseite: www.fwt-koeln.de/index.php/denken-ohne-gelaender
KVB:
Linien 15, 16, 17: Chlodwigplatz