Nani? Als ich die Einladung auf meinem Handy aufploppen sehe, liege ich vor Lachen fast auf dem Boden. Ich und Seniorentheater? Ernsthaft? Was hat sich die COMEDIA denn dabei gedacht? Okay, klingt dennoch interessant, also lasse ich mich gerne darauf ein. Ist zwar ungewöhnlich, aber ich sollte schon alle möglichen Aspekte der Theaterszene kennenlernen, oder? Klar, mir war schon bewusst, dass das COMEDIA Theater Schauspielkurse für Senioren anbietet. Aber selbst mal zu einer Vorstellung zu gehen? Daran hatte ich irgendwie nie gedacht. Konnte ja nur schief gehen…

Ihr denkt euch jetzt bestimmt: was zum Teufel schreibt der Typ da? Ist der bescheuert? Vielleicht sollte ich den Einstieg in den Bericht mal eben kurz erläutern. „Nani“ () ist ein japanischer Begriff und bedeutet „Was“. In diesem Kontext ist es ein Ausdruck der Verwunderung, der Verblüffung. Genau dieser Gedanke schoss mir nämlich in den Kopf, als ich zum ersten Mal die E-Mail las, die mich zu dem diesjährigen Seniorentheater in der COMEDIA einlud. Seniorentheater. Ist das nicht eher was für, äh, Senioren?

Irgendwie zweifelnd, irgendwie voller Interesse, folgte ich also der Einladung und erwartete erst einmal überhaupt nichts. Immerhin war ich ein Fan jungen, zeitgenössischen Theaters. Theaters, das sich aktueller Themen annimmt und dabei modern und kritisch agiert. Das konnte ja irgendwie nichts werden. Gerade bei einer Aufführung, die sich um Goethes Faust dreht und nur eine bestimmte Szene in Beschuss nimmt, die Gretchen-Szene. Darauf hatte ich ja mal gar keine Lust, vor allen Dingen an jenem Tage nicht. Ein verlorener Abend also?

Mitnichten. Schon nach den ersten Minuten ward mir klar, die Nummer wird klasse. Keine fünf Minuten verstrichen und ich hatte schon mehrere Seiten auf meinem Notizblock voll geschrieben, während sich das Publikum köstlich amüsierte. Das Stück wand sich nämlich nicht nur starr an Goethes Text, sondern nahm die Gretchen-Szene bzw. dessen Probe als Anlass, die verschiedensten Charaktere der Theaterszene zu beleuchten und aufs Korn zu nehmen.

So wurde die eine Szene immer und immer wieder wiederholt, mit unterschiedlichen Schauspielern und mit einer unterschiedlichen Herangehensweise. Einmal musste ein unerfahrener Regisseur die Szene mit einer Diva proben, die sich den ihr gegebenen Anordnungen so gar nicht fügen wollte. Ein anderes Mal wiederum hatte die Schauspielerin Probleme mit der Regisseurin, die den Text auseinander nahm, bis es zum Schluss kaum mehr etwas zum darstellen gab. „Wir müssen kürzen. Das kann raus. Das auch. Ach, das ist auch unwichtig.“ Dass die jeweiligen Textpassagen eigentlich essentiell für die Geschichte sind, das war der Regisseurin dabei egal. Hauptsache das Stück nervt die Zuschauer nicht. Überragend.

Und das nahm nicht nur ich so wahr. Das Publikum krümmte sich fast durchgehend vor Lachen, feierte des Ensemble und verabschiedete es mit einem tosenden Applaus. Ich hörte immer wieder Aussagen wie „Das ist so super“ oder „Mein Gott ist das süß“ und dem konnten wir, ich und meine Begleitung, uns nur anschließen. Auf meine Nachfrage nach der Vorstellung, ob es ihr denn gefallen habe, antwortete sie nur: „War gar nicht mal so lame. Bin überrascht, richtig gut!“ Und das dicke Grinsen wollte gar nicht von ihrem Gesicht weichen. So muss das.

Schade, dass es pro Jahr nur zwei Vorführungen gibt. Klar, ich kann nur die Inszenierung diesen Jahres beurteilen, aber die war echt gut. Bitte mehr davon. Und wenn euch das Thema des Stückes im nächsten Jahr ansprechen sollte, so holt euch doch eine Karte und kommt in den Genuss eines etwas anderes Theaterstückes, das euch mit aller Voraussicht, trotz Generationenunterschied, aus den Socken hauen wird. Ich kann es zumindest nur empfehlen. Arigatō! ありがとう

Foto: Gisela Du Mont

Mehr Informationen über das COMEDIA Theater findet ihr hier.

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