Und ja, wir müssen…

Wisst ihr, ich würde es am liebsten gar nicht erst erwähnen. Aber ich komme halt nicht drum herum, die ganze Corona-Sache in meine Rezension einzubeziehen, also habe ich mich jetzt dazu entschlossen, die Kritik zum neuen Abendstück im Hänneschen „D’r Rhign erop, d’r Rhing erav“ in zwei Teile zu splitten. Der erste: Meine Sicht auf die Aufführung – und hier steht auch wirklich nur die Aufführung an sich im Vordergrund. Der zweite Teil: Meine Sicht auf die Aufführung, im Hinblick auf alle sichtbaren und spürbaren äußerlichen Einwirkungen. Und das ist vielleicht eine überflüssige Arbeit und ihr kriegt gleich doppelt so viel zu lesen, aber die Inszenierung an sich ist unglaublich schön – nur geht das ganze Gefühl durch die aktuelle Situation komplett flöten. Und deswegen nun die Aufteilung…

Versteht mich nicht falsch, ich befürworte die Maßnahmen und stehe hinter ihnen. Immerhin leben wir in einer Pandemie. Aber über Relationen mache ich mir am besten keinen Kopf mehr, denn deren Verständnis ist mir in den letzten Monaten komplett abhanden gekommen. Aber wem geht es da schon anders? Ob das eine positive Entwicklung ist, das überlasse ich einfach mal eurer Interpretation. Ich sehe nur, wie es sich auf das Theater auswirkt – und das sieht dann ungefähr so aus: 

Ohne Maßnahmen geht es derzeit einfach nicht

Auf der einen Seite haben wir eine wunderschöne Inszenierung, mit tollen Stockpuppen, tollen Locations und einem noch tolleren musikalischen Gerüst. Auf der anderen Seite haben wir ein komplett verunsichertes Publikum, das nicht mitsingen darf und das nicht weiß, wie es sich verhalten soll. Im Einbahnstraßensystem geht es in den Theatersaal und wieder zurück, in ausreichend Abstand und alles ziemlich gut durchdacht. „Wir haben die letzten Monate damit verbracht, ein geeignetes Hygienekonzept für das Haus aufzustellen, um unsere Gäste aber auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen“, sagte Frauke Kemmerling, die Intendantin des Theaters, im Vorfeld vor der versammelten Pressemeute. „Es ist für alles gesorgt.“ Und siehe da: Die Umsetzung des Hygienekonzeptes hat an jenem Tag erstaunlich gut geklappt und ich bin jetzt auch nicht der Typ, der ’ne große Welle deswegen schiebt, aber ich denke, es gab keinen Grund, sich unsicher zu fühlen. Aus meiner Sicht zumindest gab es nichts, das mich beunruhigt hat. Und zu sehen, dass das so reibungslos funktioniert, das hat mich schon einmal grundsätzlich gefreut, für das Publikum ebenso wie für das Theater selbst… 

Ich kann allerdings verstehen, wenn die Menschen unsicher sind, wie sie mit dieser ungewohnten Situation umgehen sollen. Während der Aufführung zeigt sich das dann in einem erheblichen Rückgang euphorischen Verhaltens, wie man es sonst aus dem Hänneschen kennt. Kein Schunkeln, kein Mitsingen – und das bei einer Produktion, die als Hommage an die Bläck Fööss gedacht ist. Richtige Inszenierung zur falschen Zeit, fällt mir da nur spontan ein und da trägt das Theater sicherlich keine Schuld dran. Und das Publikum mit Sicherheit auch nicht, das hat das Ganze nichtsdestotrotz locker weggesteckt. Was also lässt sich festhalten?

Aufführung an sich: 5 Bärbelchen (Dezimalisiert: 4.6)
Atmosphäre: 2 Bärbelchen (Sehr großzügig allerdings; +3 imaginäre Punkte für den Grund dafür, also sind wir wieder bei 5 Bärbelchen)
Sicherheitssystem: Puh, 4 Bärbelchen? (Hatte zumindest zu keinem Zeitpunkt Bedenken)
Alles rund herum: 4 Bärbelchen (Ungewohnt, aber aushaltbar. Ist halt im Moment so)
Insgesamt-Erfahrung an diesem Tag: 4 Bärbelchen (+ 5 Extra-Bärbelchen aufgrund der aktuellen Situation, also insgesamt 9 Bärbelchen)

Ihr seht schon, ich bin sehr zweigeteilt. Tolle Inszenierung und für mich persönlich haben die Umstände gut gepasst. Ich möchte zwar keine Empfehlung a lá „Macht euch keine Sorgen und geht hin“ geben, aber in meinem tiefsten Inneren denke ich schon so. Es bleibt natürlich euch überlassen, aber ich fand es mal wieder richtig klasse. Und damit: Klappe Ende. 

Foto 1: Das Ensemble hinter der Britz hat an alles gedacht. 
Foto 2: Hänneschen als Pressefotograf auf dem KD-Schiff vom Schäl.

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Keine Lust mehr auf Corona? Zu unserer Einschätzung der Aufführung ganz ohne Maßnahmen gelang ihr hier: Hier

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Zeiten:

2020: noch bis zum 31. Oktober 2020
2021:
10. April bis 20. Juni 2021

Preise:

Erwachsene: ab 21,00 €

Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:

Hänneschen Theater
Adresse: Eisenmarkt 2 – 4, 50667 Köln
Telefon: 0221 – 258 12 01
Webseite: www.haenneschen.de
KVB:
Linien 1, 5, 7, 9: Heumarkt

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