Fast zwei Jahre lang war ich Single. Dieser Umstand gehört jedoch seit mehreren Wochen der Vergangenheit an. Schön für dich, denkt ihr jetzt bestimmt. Interessiert uns nicht. Und damit mögt ihr Recht behalten. Doch vor dem Hintergrund der Theaterproduktion, über die ich hier schreibe, halte ich es für unabdingbar, diese Tatsache zu erwähnen. Denn „Milk and Ashes“ setzt sich mit dem Thema Beziehungen auseinander und beleuchtet die, so naiv bin ich jetzt einfach mal, zumeist glücklichen Personenkonstellationen eher kritisch denn lobend. Und das kann dann, angereichert mit Tanz- und Zirkuseinlagen, beizeiten dazu führen, dass man anfängt, seine eigene Beziehung zu hinterfragen. Habe ich mich in der Aufführung wiedergefunden? Oder besser gesagt: Habe ich uns wiedergefunden? Hoffentlich nicht…

Es ist für mich wahrlich nicht der beste Zeitpunkt, um mich auf eine neue Beziehung einzulassen. Ich habe viel zu wenig Zeit, kein Geld und ich fühle mich innerlich leer. Das sind weiß Gott nicht die besten Voraussetzungen, eine Frau von mir überzeugen zu können. Aber okay, irgendwie habe ich es dann doch geschafft, besagte Freundin zu täuschen. Und das ist auch gut so. Denn anders als in der Inszenierung „Milk and Ashes“ dargestellt, ziehe ich bisweilen Kraft aus einer Beziehung, unterstütze und werde unterstützt und fühle mich ein wenig lebendiger. Und so sollte es sein. Doch die Verantwortlichen der hier rezensierten Produktion, die sehen das anscheinend ein wenig anders…

Sie beschäftigen sich nämlich fast ausschließlich mit Problemen in Beziehungen, die sich mit fortlaufender Zeit einstellen, oder die schon von vornherein bestehen. Es geht um die Gefahr, dass man sich zu sehr aufeinander einlässt, dass man sich beizeiten einengt, sich bremst und sich selbst einen goldenen Käfig auferlegt. Das kennt man, ich zumindest, und es mag stimmen, dass Beziehungen der persönlichen Individualität schaden können, dass sie das Potential haben, dass man sich selbst verliert.

Auf den ersten Blick strahlt die Produktion das Konstrukt einer Beziehung jedoch positiv an, in hellem Lichte getaucht, und stellt es leuchtend dar, als wäre die Zusammenkunft zweier Personen der Himmel auf Erden. Nach und nach aber handelt die Aufführung Aspekte ab, die sich um Bevormundung drehen, um Situationen, in denen man sich nichts zu sagen hat, um die Aufgabe des Einzelnen. Es geht um einen beengten Raum, in einem beengten Raum, um die Spiegelung des Selbst, aber auch um die Chance, aus jenem Trott wieder herauszubrechen. „Break patterns – Zerbrecht Muster!“, empfiehlt der Narrator, der sich immer wieder einschaltet und versucht, Anweisungen zu einer glücklichen Beziehung zu geben. „Be creative – seid kreativ!“

Dass das nicht immer so einfach ist, das bildet die Aufführung passend ab. Man versucht sich Bälle zuzuschieben, was aber nicht immer so klappt, wie man es sich vorstellt, wie man es sich erhofft. Eines der Grundprinzipien einer Beziehung, nämlich das Teilen, funktioniert nur partiell und hinterlässt verdutzte Gesichter. Es kommt Bewegung auf, doch die ist allzu träge, geht vielleicht sogar in eine falsche Richtung und weiß nichts mit sich anzufangen. Die musikalischen Einspielungen, die mal melodramatisch, mal bedrohlich und zum Ende hin sogar himmelhoch jauchzend die Darstellung untermalen, sie unterstreichen die Phasen einer Beziehung und wirken auf mich beizeiten gestellt und beklemmend.

Ich frage mich die ganze Zeit: Bin ich der einzige Zuschauer, der sich darin wiederfindet? Gespräche nach der Aufführung zeigen mir, dass dem wohl nicht so war. Denn die ein oder andere Situation ist mir geläufig, mir kommen Erinnerungen hoch, die mich gedanklich in vergangene Beziehungen zurück katapultieren. Als ich nach der Aufführung mit meiner Freundin telefoniere und ihr von der Thematik erzähle, haut sie mir verbal eine runter, auf eine ironische und sarkastische Art und Weise wohlgemerkt. Was ich mir denn da anschauen würde?! Und dass mir nun auch bloß keine Zweifel kommen sollten! Ist ja gut. Würden deswegen Zweifel aufkommen, ich wäre wahrscheinlich gezwungen, die Beziehung sofort zu beenden. Doch dafür hat sich mein Verständnis einer Beziehung über die Zeit viel zu sehr gewandelt. Und die hebt sich von der, die in der Theaterproduktion aufgenommen wird, extrem ab. Denn sie sollte sich an Vertrauen und Unterstützung laben, denn an Einengung und Fixierung.

Hat mir die Inszenierung also gefallen? Bei all den pessimistischen Punkten, die ich hier so aufgelistet habe? Ja, das hat sie. Sie war beizeiten vielleicht ein bisschen strange, aber sie hat Spaß gemacht und griff ein Thema an, das wir alle kennen, und verpackte es in ein konstruktiv-kritisches Kleid, das sich lohnt anzuziehen. Auch, wenn man hier und da mit eigenen Erfahrungen konfrontiert wird, die nicht zwangsläufig positiv sind. Doch ich kann sie euch nur empfehlen. Wir wünschen euch viel Spaß.

Fotos: Ingo Solms

Zeiten:

erstmal keine Aufführungen mehr!

Preise:

regulärer Eintritt: 15,00 €
ermäßigt: 7,00 €
Eintritt für alle Erstis der Universität zu Köln frei!

Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:

studiobühneköln
Adresse: Universitätsstraße 16a, 50937 Köln
Telefon: 0221 – 470 45 13
Webseite:
www.studiobuehnekoeln.de/programm/theater/milk-and-ashes
KVB: Linie 9: Universität

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