Vom verlogenen Blick hinter die Kulissen

Was passiert eigentlich, wenn ein Film gedreht wird? Oft soll im Vorfeld ein „Making of“ Appetit auf das fertige Produkt machen. Verlogene PR meint die Dramatikerin Nora Abdel-Maksoud und schrieb eine Satire über diesen Werbe-Blick hinter die Kulissen. Jetzt kommt das preisgekrönte Stück im Freien Werkstatt-Theater auf die Bühne – und bereitet dem Theaterpublikum große Freude. 

Regisseurin Gordon (Mirka Ritter) plant das Remake einer Comic-Helden-Verfilmung. Die Titelrolle des Fledermaus-Manns soll Mads (Thomas Kaschel) übernehmen, sein Gegenspieler ist der Schakal (Tomasso Tessitori). Er hat „das Mädchen“ (Fee Zweipfennig als Gloria) in seiner Gewalt, dass vom Fledermausmann gerettet werden soll.

Für die Öffentlichkeit ist hinter den Kulissen nur eitel Sonnenschein  

Die Dreharbeiten gestalten sich nun alles andere als man es der Öffentlichkeit verkaufen will. Nach und nach werden die verwickelten Hintergründe aufgedröselt, die die Zusammenarbeit im Team bestimmen. In dem jeder sein Päckchen zu tragen hat, sucht die Flucht ins Licht aus einer bislang eher zweitklassigen Karriere. Interne Streitereien sind da eher der Normalfall als das nach außen getragene Friedefreudeeierkuchen. 

Da ist die Abhängigkeit vom Produzenten – der mit seinen Euro-Millionen seinem Sohn gleich zum Eintritt in die Branche die Hauptrolle gekauft hat: ein schmächtiges Jüngelchen, dem nur Technik die markante männliche Stimme verleiht, die das Publikum von seinem Helden verlangt. 

Wenn der Bösewicht mehr Muskeln hat als der Held 

Aber das verlangt die Rolle von ihm. Ebenso mehr Muskeln, als er – des Fledermauskostüms entledigt – zu bieten hat. Da wäre gegenüber dem Schakal noch einiges aufzuholen. Der Bösewicht hat zwar etwas mehr Muckis, ist aber eher eine Lachnummer: gekleidet in ein türkisfarbenes, eng anliegendes Trikot, das seinen Bauchansatz hervorhebt, auf den Schulter ein bisschen Pelz, auf dem Kopf eine Haube mit Öhrchen, vom Rücken baumelt ein dünner Schwanz. 

Und sehr zu seinem Unwillen soll er nur Heulen statt sprechen. Auch das wird wie die Stimme des Fledermausmannes dem Publikum als Wunsch unterstellt. Geklärt werden muss auch, ob die Tittengröße der Hauptdarstellerin dessen Erwartungen entspricht. Ein Nacktauftritt ist für Gloria dagegen nur eine Frage des Geldes.   

Welche Rolle wird vom Mann, welche von der Frau erwartet? 

Diese mit Klischees verbundenen Rollenerwartungen sind – etwa neben Fragen für das Marketing eines Films – das Hauptthema dieses Stücks. Eines der Hauptthemen dabei ist natürlich die Stellung von Mann und Frau. Hinter der Kamera und davor. So will Gloria, gestärkt durch zahlreiche feministische Selbsterfahrungskurse, alles andere als das arme hilflose Weibchen verkörpern, will kein Opfer des Schakals werden, sondern das eigene Recht der Frau auf Lust umsetzen. Das Argument, die Vergewaltigung durch den Schakal sei in Wirklichkeit eine Befreiung von überkommenen Frauenrollen überzeugt sie. 

Gordon selber hat jedenfalls keine Probleme, mit dem Schakal für ein Quickie zu verschwinden. Sie ist auch nicht die taffe Frau, die sie vorspielt. Sie ist nicht die Enthusiastin, die aus Liebe zum Film gekommen ist und nicht des Geldes wegen. 

Sophie Killer inszeniert den selbstironischen Blick auf die Unterhaltungsindustrie – gepaart mit Schadenfreude auf das andere Medium – mit Witz, Rasanz und einem gut eingespielten Bühnenquartett. Bei dem ist jedes Mitglied selbst an der Grenze zur Karikatur jederzeit glaubhaft. Lediglich an der akustischen Verständlichkeit müsste an einigen Stellen nachgearbeitet werden. 

Foto: Dieter Jacobi – Blicken mit „The Making Of“ hinter die Glitzerkulissen der Filmindustrie: Mirka Ritter, Fee Zweipfennig, Tomasso Tessitori und Thomas Kaschel (v.l.). 

Zeiten:

31. Oktober 2020:
20:00 Uhr

5. November 2020:
20:00 Uhr

6. November 2020:
20:00 Uhr

28. November 2020:
20:00 Uhr

29. November 2020:
18:00 Uhr

Preise:

Eintritt: 20,90 €

Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung: 

Freies Werkstatt Theater Köln e.V.
Adresse: 
Zugweg 10, 50677 Köln
Kartentelefon:
0221 – 32 78 17
Webseite: www.fwt-koeln.de/index.php/the-making-of
KVB:
Linien 15, 16, 17: Chlodwigplatz

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