Wo ist Godot?

Sich aufhängen – für die beiden ein ständiges Gesprächsthema. Wenn nicht heute, dann vielleicht morgen. Wenn nicht wieder was dazwischen kommt. Und dann muss man ja auch noch auf Godot warten. Oder war der schon da? 140 Minuten dauert die Ungewissheit im Kölner Schauspiel, wo Jan Bosse Samuel Becketts Bühnenklassiker „Warten auf Godot“ inszeniert hat. 

Aus unförmig dick-wattierten bunten Mänteln (Kostüme: Kathrin Plath) schälen sich die beiden Hauptakteure Estragon (Jörg Ratjen) und Wladimir (Peter Knaack) und beginnen ihr Warten. Vertreiben sich die Zeit mit Späßchen und kleinen akrobatischen Einlagen. Verheizen im Kampf gegen die Nachtkälte kurzerhand ein paar Stühle. 

Dann kommt Zirkusdirektor Pozzo (Bruno Cathomas), der seinen Diener Lucky (Justus Maier) wie einen Hund an der Leine hinter sich her zieht. In einem lautstarken Monolog entwickelt er seine Sicht auf die Welt, knödelt mitreißend opernreif eine Arie. Dann darf auch Lucky sein tänzerisches Können zeigen. Und zum Ende vertauschen die beiden ihre Rolle, folgt ein blinder Pozzo Lucky. Nicht zu vergessen Arno Kraehahn, der das Bühnegeschehen lautstark musikalisch begleitet. 

Schauspieler und Publikum tauschen die Plätze 

Es ist durchaus wohltuend, in diesen Tagen eine Inszenierung zu sehen, die keine direkte Anspielungen auf die aktuelle Pandemie auf die Bühne bringt. Und doch sind sie da – nicht nur in Gestalt der lockeren Sitzordnung für das Publikum, die den geltenden Hygieneregeln folgt und nur etwas mehr als 100 Zuschauer statt des sonst möglichen halben Tausend erlaubt. Dass die auf der Bühne sitzen und die Schauspieler zwischen den Stuhlreihen spielen (Bühnenbild: Moritz Müller) – nun ja, das mag die Umsetzung der Corona-Hygiene-Abstands-Vorschriften erleichtert haben. 

Aber die permanente Ungewissheit, die Wiederholungen, Das Hin und Her in der „Diskussion“, das Vermeiden körperlicher Berührungen, die verhängten Sitzreihen, deren chaotische Durchnummerierung und nicht zuletzt das vergebliche Warten auf eine Antwort, eine Lösung, eine Erfüllung – das weckt automatisch Assoziationen zum Leben mit dem Virus. Das Ensemble gibt alles, doch will der Funken nicht so recht überspringen. „Viel Lärm um Irgendwas“ – ist man am Ende versucht zu sagen. Aber irgendwie passt auch das in diese Zeit und gibt der Wahl für dieses Stück Recht. 

Foto: Birgit Hupfeld – Wo sonst im Depot 1 die Zuschauer sitzen, warten jetzt Peter Knaack, Bruno Cathomas, Justus Maier und Jörg Ratjen (v.l.) auf Godot.

Zeiten:

31. Oktober 2020:
19:00 Uhr

1. November2020:
18:00 Uhr

4. November 2020:
19:30 Uhr

20. November 2020:
19:00 Uhr

29. November 2020:
19:00 Uhr

Preise:

Bereits alle Vorstellungen ausverkauft!

Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:

Schauspiel Köln
Adresse:
Depot 1; Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Telefon: 0221 – 221 284 00
Webseite: www.schauspiel.koeln/spielplan/spielplan/warten-auf-godot/66
KVB: Linien 3, 4, 5, 16, 18: Appelhofplatz

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