111 Gotteshäuser in Köln und Umgebung
Jeden Tag eine andere Kirche besuchen können – so wurde es dem mittelalterlichen Köln nachgesagt. Nach Napoleons Säkularisation, nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und Wiederaufbau gibt es heute in der wesentlich größeren Stadt etwa 200. Eine Auswahl stellen Monika Schmitz (Text) und Britta Schmitz (Fotos) jetzt in „111 Kölner Kirchen, die man gesehen haben muss“ vor.
Das vorweg: Der Titel „111 Kölner Kirchen, die man gesehen haben muss“ führt in die Irre, verspricht Falsches. Denn es sind nicht nur Kirchen aus Köln, sondern – fast 10 Prozent – auch aus dem Umland wie Hürth, Stommelen, Bensberg, Brühl oder die Autobahnkirche bei Nievenheim. Und es sind nicht nur Kirchen, die man gewöhnlich nur dem Christentum zuordnet, sondern auch Synagogen und Moscheen, also Gotteshäuser anderer Religionen. Dazu „neutrale“ Räume der Besinnung, die etwa im Flughafen, Krankenhäusern oder der Universität jeder Religion offen stehen.
An vielen Kirchen schon oft einfach vorbeigegangen
Richtig dagegen ist die Zahl 111 der vorgestellten „Objekte“, dem Erfolgskonzept dieser Reihe geschuldet. Richtig ist vor allem aber auch „die man gesehen haben muss“, denn das Autorinnen-Paar legt eine bunte Auswahl vor: So bunt ist die Religionsvielfalt im Schatten des Domes, der natürlich nicht fehlen darf. Eine höchst subjektive Auswahl, die mit vielen Überraschungen aufwartet, große Kirchen neben kleinen und Andachtsräumen, an denen man sicher schon tausendmal achtlos vorbeigegangen ist. Da werden viele prominentere Bauwerke – schon -zigmal beschrieben – nicht vermisst.
Da sind – wie schon erwähnt – die drei großen monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam. Dann Katholiken und Lutheraner, Griechisch und Russisch-Orthodoxe, die anthroposophische Christengemeinde, die Altkatholiken, die britischen Anglikaner, die evangelischen Japaner, die afghanischen Hindugemeine oder die Christen aus Äthiopien mit ihren eigenen Gemeindezentren.
Ein Bunker, als Kirche vor Bomben getarnt
Und eine makabre Skurrilität ist auch dabei: Eine Kirche, die nie eine Kirche war, sondern nur so aussehen sollte. Die Tarnung hatten sich die Nationalsozialisten ausgedacht, um den Bunker vor den Bomben des Zweiten Weltkriegs zu schützen. Heute wird der Betonbau als „Kulturbunker Mülheim“ genutzt.
Es ist ein Streifzug durch Stadt- und Architekturgeschichte: Von der Romanik bis zu den Neubauten der Nachkriegszeit. Vom Krieler Dömchen, Kölns zweitältester Kirche aus dem 10. Jahrhundert, über Gotik und Neugotik bis zur Lutherkirche, 1946 aus Fertigbauteilen errichtet, und St. Theodor in Vingst: Kölns „jüngste“ Kirche, 1992 vom Erdbeben zerstört, elf Jahre später als Neubau wieder eingeweiht. Es sind große und kleinste Kirchen, die meisten noch „in Betrieb“, viele dienen heute aber auch einem anderen Zweck, sind soziales Zentrum, Museum, Ausstellungsraum oder Konzertsaal wie die evangelische Christuskirche mit dem legendären „Basement“.
Kraftvoller Stil mit Respekt vor religiösen Gefühlen
Monika Schmitz beschreibt jede Kirche mit einfachen Worten, ohne abgehobene Fachbegriffe aus Architektur oder Theologie. Kraftvoll und eindringlich, bisweilen auch salopp, aber immer mit Respekt vor religiösen Gefühlen. Für jedes Bauwerk hat sie das Besondere herausgefunden – sei es Architektur, (Kirchen-)Geschichte oder kleine personengebundene Anekdoten. Und räumt dabei mit so manchen Klischees auf. Warum allerdings in St. Maria im Kapitol Walknochen der Schutzpatronin zugeschrieben werden, kann auch sie nicht aufklären.
Jeder Text ist eine Seite lang, ergänzt wird er auf der gegenüberliegenden Seite durch ein oder zwei Fotos von Britta Schmitz. Auch diese zeichnen sich durch den liebevollen Blick fürs Detail oder eine gewagte Perspektive aus. Die zwei Schmitz (nicht miteinander verwandt) machen neugierig und Lust auf eine Entdeckungsreise.
Leider fehlt ein alphabetisches Namensregister
Zu jeder Kirche sind auch die Öffnungszeiten angegeben, und als kleiner Sonderservice auch besondere weltliche Nachbarschaften wie Museen, Denkmälern oder Gastronomie. Nur eins ist ärgerlich, scheint aber im Trend zu liegen: Es fehlt ein alphabetisches Register (die gekennzeichnete Reihenfolge von Agnesviertel bis Zündorf allein hilft nicht). Auch ein Namensregister etwa der Architekten wäre wünschenswert. Wie gern würde man sich doch gezielt auf die Spuren der Böhm-Dynastie machen… Den Appetit hat das Buch allemal geweckt!
Informationen
„111 Kölner Kirchen, die man gesehen haben muss“
Autorinnen: Monika Schmitz, Britta Schmitz
240 Seiten
Köln, 2020
Preis:
16,95 €
Verlag:
emons Verlag GmbH
Adresse: Cäcilienstraße 48, 50667 Köln
Webseite: www.emons-verlag.com/programm/111-koelner-kirchen-die-man-gesehen-haben-muss