True Crime aus Köln

In den 1960er Jahren galt Köln als die deutsche Hauptstadt des Verbrechens, als „Chicago am Rhein“. Dass die Stadt auch davor und danach Kriminelle anzog und selbst hervorbrachte, zeigt der Journalist Bernd Imgrund am Beispiel von 14 spektakulären Fällen in seinem im Greven Verlag erschienenen Buch „Köln kriminell“. 

Es ist eine bunte Mischung, die er dafür in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gefunden hat. Das fängt mit der heute sicher vergessenen Giftmörderin an, die 1949 als letzte Angeklagte in Westdeutschland zum Tode verurteilt wurde. Das geschah in Köln nur wenige Tage, bevor am 23. Mai dieses Jahres das Grundgesetz verabschiedet wurde. Mit ihm wurde die Todesstrafe abgeschafft – und die Mörderin wurde zu lebenslanger Haft begnadigt. Erst 1986 wurde sie begnadigt, starb zwei Jahre später – 76 Jahre alt – in einem Altersheim. 

„Freiheitskämpfer“ Schimpanse Petermann 

Etwas aus der breiten Erinnerung geraten sind auch die politisch motivierten „Einbrüche“ in die ehemalige Gestapo-Zentrale am Appellhofplatz, die letztlich zur Gründung des heute international renommierten NS-Dokumentationszentrums führten. Bittere Spuren im Stadtgedächtnis hinterließ das Flammenattentat in der Volkhovener Volksschule, bei dem 1964 acht Kinder und zwei Lehrerinnen getötet wurden. Als „Flucht in die Freiheit“ feiern manche bis heute den Ausbruch des Schimpansen Petermann aus seinem Zoo-Gefängnis, der 1985 mit dessen Erschießung endete. Nicht vergessen auch das Attentat auf den SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine 1990 in der Sporthalle. Und nicht nur Fußballfreaks dürften sich an den Bundesliga-Skandal von 1971 erinnern, bei dem sich FC-Köln-Torhüter Manfred Manglitz bestechen ließ 

Als Politiker nicht schwul sein durften 

Imgrunds reale Kurzkrimis sind spannend erzählt, zeichnen sich dabei durch eine nüchterne Sprache und gründliche Nach-Recherche aus. Dabei bringt er nicht nur Vergessenes, sondern auch das ein oder andere unbekannte Detail ans Tageslicht. Am beeindruckendsten und überraschendsten sicher die späte – wenn auch nicht-öffentliche – Entschuldigung des damaligen SPD-Landesinnenministers Herbert Schnoor bei Franz Grobben. Der war 1966 aus seinem Amt als Regierungspräsident ins gesellschaftliche Aus gejagt worden: Man hatte ihn in der öffentlichen Toilette am Neumarkt verhaftet – einem Treffpunkt der Kölner Schwulenszene. Homosexualität war damals noch ein Strafbestand. 

Der Autor hat nicht nur Hintergründe recherchiert, er spart auch nicht mit fundierter Kritik. Das gilt etwa für die Polizeiarbeit im Fall der Nina von Gallwitz: Das 8-jährige Mädchen wurde 1981 entführt und kam erst nach 149 Tagen frei. Dabei ermittelte die Polizei ohne Rücksprache mit den Eltern und vereitelte so mehrmals Lösegeldübergaben. Das Verbrechen ist sicher auch deshalb bis heute nicht aufgeklärt. 

Kritisches Auge auf kölsche Selbstgefälligkeit 

Auch das kölsche Gefühl „Et hät noch immer jot jejange“ oder „Et kütt wie et kütt“ kommt nicht ungeschoren davon. Zwar hat es bei der Opernsanierung offensichtlich keine Korruption gegeben wie beim Neubau der Holzbrücke vor dem Ostasiatischen Museum am Aachener Weiher. Aber 16 Jahre Umsetzung durch eine „gründlich“ arbeitende Verwaltung kommen einem dann doch nicht so einmalig vor. Auch die Zusammenarbeit zwischen Kirche und Verbrecherwelt wie beim Raub eines Kreuzes aus der Domschatzkammer – hier half Kölns Unterweltboss „Schäfers Nas“ für die Rückgabe schon nach drei Tagen – ist angesichts der aktuellen Vertuschung von sexuellen Missbrauchsfällen irgendwie nicht überraschend. 

Das Inhaltsverzeichnis listet übrigens 15 Fälle auf. Warum in diesem Buchtipp nur 14 die Rede ist? Lassen Sie sich überraschen… 

Informationen:

„Köln kriminell“
Autoren: Bernd Imgrund
264 Seiten
Herausgeber: Greven Verlag

Preis:

16,00 €

Verlag:

Greven Verlag Köln GmbH
Webseite:
https://shop.greven-verlag.de/koln-kriminell.html

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