Mehr Führung geht nicht – Der Melaten Friedhof im Portrait, irgendwie

Am 1. Juli 1810 eröffneten die französischen Besatzer den Friedhof Melaten: Er ist damit der erste außerhalb der alten Stadtmauern. Seine Anlage als Park war zugleich eine gestalterische Neuerung. Ex-Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner hat jetzt mit „Mein Melaten“ im Greven-Verlag einen sehr persönlichen und beeindruckenden Führer veröffentlicht. Fotos von Nina Gschlößl ergänzen ihre Texte.

Schock-Werners Interesse an Melaten erwachte, als sie Freunden den Friedhof zeigte – als Dombaumeisterin war sie natürlich vor allem an der Gestaltung der Grabstätten interessiert. Das nahm sie so gefangen, dass sie die Patenschaft für eine der vielen dankmalgeschützten Grabstätten übernahm, an denen kein Nutzungsrecht mehr besteht.

Bewunderung und Kritik für Grabgestaltung

Die Gestaltung der Grabstätten ist ein Schwerpunkt des Buches. Die Autorin durchstreift dabei die Zeit von der Gründung bis heute. Von den meisten ist sie begeistert, nicht nur dann – wenn wie beim Karnevalisten Gerhard Jussenhoven – Teile des Kölner Doms „recycelt“ werden Sie spart auch nicht mit Kritik. So wundert sie sich beim Grabstein für Steinmetz und Bildhauer Franz Schmitt nicht nur über das Markenzeichen von 4711, für das sie keinen Zusammenhang erkennt. „Eine Werbung für das Steinmetzhandwerk ist die Grabanlage aber eher nicht“, so ihre Bewertung.

Je mehr sie sich aber mit der Gestaltung der Grabstätten beschäftigte, um so mehr fesselten sie auch die Lebensgeschichten der Toten. Nicht nur die von Prominenten, sondern auch die vieler Unbekannte. Sie begann bei deren Nachkommen und in Archiven zu recherchieren. So entstanden die „Porträts“ von 170 Grabstellen. Zusammengefasst sind sie in acht „Sektionen“, die interessierten Personen einen Besuch des Friedhofes erleichtern. Immerhin ist Melaten etwa so groß wie 60 nicht genormte, aber als Vergleich gerne genommene Fußballfelder.

Karnevalsmusik auf dem Friedhof

Zu den Kölner Prominenten, deren Grabstätten die Gunst der Kunsthistorikerin fanden, gehören unter anderem Karnevalisten wie Marie-Luise Nikuta. Die ist sogar noch zu hören: Über einen QR-Code erklingt ihr Lied „Loss mer levve und levve loße“. Namen wie Willy Millowitsch, Dirk Bach, Alfred Biolek, Josef Haubrich, Ansgar Nierhoff oder L. Fritz Gruber sind aus Kölns Kulturgeschichte nicht wegzudenken. Dazu Politiker wie Konrad Adenauer und Hans Böckler oder einflussreiche Familien wie Neven DuMont, Herstatt, Farina, Früh, Rautenstrauch, Waffenschmidt oder Stollwerck.

„Bemerkenswerte Frauen“ wie Mathilde von Mevissen, die Widerstandskämpferin Freya von Moltke oder die Wohltäterin Laura von Oelbermann sind weitere „Themenschwerpunkte“, ebenso die Anlagen für ganze Gruppen, etwa Gefallene des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/1871, Bombenopfer des Zweiten Weltkriegs oder die Opfer einer Explosion, die sich 1851 im Labor eines Pulvermagazins ereignete.

Liebeserklärung auf dem Grabstein

Zu Schock-Werners Favoriten gehört das Grab von Maria Catharina Urbach: Hier ist es vor allem das posthume Liebesbekenntnis, das der Ehemann ihr auf einer weißen Marmorplatte widmete – „das schönste auf dem Friedhof“. Und natürlich taucht in der Liste auch ihre eigene (künftige) Grabstätte auf. Bei der Wahl hatte ihr es die neugotische Gestaltung angetan – das richtige für die ehemalige Dombaumeisterin. Ihr Ehemann ruht hier schon seit zwei Jahren.

Nicht fehlen darf ein kurzer Abriss über die Geschichte des Friedhofs. Der Name Melaten greift das alte Wort „malade“ für krank auf: Hier lebten vor der Umwandlung in einen Friedhof die Aussätzigen, die damals unheilbar an Lepra Erkrankten. Zunächst nur für Katholiken gedacht, wurden 1829 auch Protestanten zugelassen, erst 1892 durften auch jüdische Bürger hier beerdigt werden. Heute sind auch Baumbestattungen möglich, in der alten Trauerhalle soll ein Kolumbarium entstehen.  

Patenschaften für denkmalgeschütze Grabmale

Nachtrag:

„Patenschaft für ein historisches Grabmonument“: Dieses Programm soll helfen, „wertvolle Zeugnisse der Stadtgeschichte zu erhalten“ und ist nach Aussage der Stadt ein „bundesweit beachtetes Vorbildmodell“. Der Pate verpflichtet sich zu deren Erhalt und erhält dafür das Nutzungsrecht an dem Grab. Gebühren werden erst fällig, wenn er oder seine Angehörigen das Nutzungsrecht in Anspruch nehmen.

———————–

Foto 2: Jürgen Schön – Ehrenmal für die Gefallenen des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/1871 auf dem Friedhof Melaten.

Informationen:

„Mein Melaten“
Autor: Barbara Schock-Werner
448 Seiten
Herausgeber: Greven Verlag

Preis:

32,00 €

Verlag:

Greven Verlag Köln GmbH
Webseite:
 https://shop.greven-verlag.de/mein-melaten.html

Diesen Artikel weiterempfehlen: