Wenn morgen (am 7. August) der 1. FC Köln zum Pokalspiel – das erste Pflichtspiel der neuen Spielzeit – zu Carl Zeiss Jena fährt, fehlt einer im Mannschaftsbus: Maskottchen Hennes IX. Hennes I. durfte noch mit zu den Auswärtsspielen. Warum sich das seit den 1950er Jahren geändert hat, beschreibt Johannes Schröer in seiner höchst unterhaltsamen Doku-Fiction „Patron Hennes“.
Vorweg: Die Fakten sind alle gründlich recherchiert. Dafür steht der Autor, im Brotberuf Redakteur bei Domradio und privat FC-Fan. Er hat unzählige Vereinsmagazine und Zeitungen durchforstet. Beeindruckend auch, wie viele historische Fotos er dabei gefunden hat, die man nun nostalgisch bestaunen kann.
Was das Buch aber vor allem ausmacht, ist, wie Schröer das alles beschreibt – alles andere als trocken. Es liest sich weg wie pralles Volkstheater. Denn dass sich – nur ein Beispiel – FC-Präsident Franz Kremer und Mannschaftskapitän Hans Schäfer 1964 getroffen haben, um zu beraten, ob man auch den Nachfolger von Geißbock Hennes I. nach dem inzwischen abtrünnigen Trainer Hennes Weisweiler benennen soll – wer weiß? Dabei gewesen ist jedenfalls keiner. Aber wenn das Gespräch je stattgefunden hat, dann kann es nur so abgelaufen sein, wie es Johannes Schröer höchst lebendig schildert. Als Mäuschen, das gelauscht hat…
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Oder diese Karnevalsbegegnung: Er als Hennes verkleidet, versucht Angela Merkel anzubaggern. Die aber zischt ab, kann mit einem Fußballmaskottchen nichts anfangen. Dafür hat er bei Frau Legostein mehr Erfolg. Und kann ganz nebenbei seine Empathie für das Kölner Maskottchen ausbreiten. Wenn die Liebesgeschichte auch nur erfunden sein sollte – sie ist eine wunderbare Kurzgeschichte.
Doch zu den Fakten, die sich zuhauf in dem Buch finden: Der 1. FC Köln ist der einzige deutsche Profi-Fußballverein mit einem lebendigen Maskottchen. Die Idee dazu hatte im Jahr 1950 FC-Erfinder Kremer. Eine Karnevals-Schnapsidee, die bis heute nachwirkt und zu einem wichtigen Marketing-Faktor wurde. Jedem der bisher neun Ziegenböcke widmet sich Schröer – abhängig von deren Lebensdauer – ausführlich.
Das Gerücht, Hennes I. sei eigentlich ein geborener Düsseldorfer ist, kann er nicht ganz aus der Welt schaffen. Dafür aber widerlegt er die Behauptung, dass Hennes IV. von Fans der Mönchengladbacher Borussia vergiftet wurde. Gespickt ist die Doku-Fiction mit wahren Geschichten, für die die Hennese die Schlagzeilen lieferten. Wie 2001 die „Ermordung“ von Hennes VII. in einem TV-Krimi, die von seinen Fans als echt registriert wurde.
Was viele sicher nicht wissen: Bis Hennes VIII. waren alle Böcke kastriert. Hennes IX. soll nun in seinem neuen Domizil im Kölner Zoo inmitten einer Ziegenherde den Grundstock zu einer Erb-Dynastie legen. Bislang hat er allerdings nur Töchter gezeugt.
Die Geschichte des FC bildet den Rahmen für die neun Biografien. Die Würze geben ihnen die sehr persönlichen Einschätzungen zur Entwicklung des Profifußballs zum Spektakel und Millionengeschäft, dazu – noch wichtiger – einfühlsame Beobachtungen in die Kölner Seele im Allgemeinen und die der FC-Fans im Besonderen. Also das richtige Buch für alle, die mehr darüber wissen wollen. Ob hier geboren oder als Imi.
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Foto 1: Picture Alliance/Foto: Thilo Schmülgen – 8. März 2015: FC-Stürmer Anthony Ujah bejubelt sein Tor gegen Eintracht Frankfurt, indem er Hennes VIII. an den Hörnern zieht.
Foto 2: Picture Alliance/Foto: Sven Simon – Friedlich vereint im Jahr 1976: Trainer Hennes Weisweiler und Hennes IV.
Foto 3: 2003: Firo Sportfoto – Hennes VII. mit dem langjährigen Geißbock-Betreuer Wilhelm „Willi“ Schäfer.
8. März 2015: FC-Stürmer Anthony Ujah bejubelt sein Tor gegen Eintracht Frankfurt, indem er Hennes VIII. an den Hörnern zieht. © Picture Alliance/Foto: Thilo Schmülgen
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Informationen:
„Patron Hennes – Die Geißbocklegende des 1. FC Köln“
Autor: Johannes Schröer
240 Seiten
Herausgeber: Greven Verlag
Preis:
18,00 €
Verlag:
Greven Verlag Köln GmbH