Eine Irrfahrt in die Glückseligkeit
Wie kriegt man die Ägäis nach Köln? Ganz einfach: Man schaut sich „Die Odyssee“ im Horizont Theater am Thürmchenswall an. Denn mit welcher Finesse das Schauspielteam die kleine Bühne im Keller des Theaters in ein Meer stürmischer Abenteuer verwandelt, wirkt bisweilen unschlagbar. Jahrhunderte überdauert, oft verarbeitet, scheint Homers Werk endlich seine Bestimmung gefunden zu haben. Eine Produktion, an der kein Weg vorbeiführt.
Der Theaterraum hüllt sich in komplette Finsternis. Die griechische Stimme des Regisseurs Christos Nicopoulos durchschneidet schließlich das Schwarz und gibt den Einstieg in ein fulminantes Abendspiel preis. Odysseus, verkörpert von Piro Rempel, sowie Bettina Muckenhaupt, Anna Rödiger und Liesa Strehler, die mal eben alle wichtigen Nebencharaktere der Odyssee nachspielen, betreten die Bühne. Und ohne Umschweife beginnt eine Reise durch die ägäischen Meere, die packender nicht sein könnte.
Überzeugendes Schauspiel, Griechenland auf der Bühne
Ausschlaggebend für dieses mitreißende Spektakel ist ohne Zweifel Odysseus selbst, also Piro Rempel, der markante Wegpunkte, im Kern letztlich die Gesänge 9 bis 12, der Odyssee einem Buch gleich wiedergibt; keine Gnade zeigend, sich von seinen Lippen lösen zu können. Und so entwickelt sich ein Meeresbrausen zu einem unbarmherzigen Seesturm, Sirenen und Kyklopen steigen zu realen Wesen empor und die Odyssee zu einem greifbaren Abenteuer. Das Schauspiel, humorvoll, spannend und voller Inbrunst erzählt, in Kombination mit einem intelligenten Licht- und Kostümeinsatz, machen die kleine Bühne vergessen und sorgen für eine perfekte Immersion. Die Ägäis in Köln? Wer dachte, so etwas gehe nur auf großen Bühnen mit opulenter Kulisse und aufbrausendem TamTam, der wird hier, überrascht von Poseidon höchstpersönlich, wahrlich eines Besseren belehrt.
Eine Irrfahrt in meine persönlichen Top 3
Ich habe es bisher nie geschrieben – und das aus gutem Grund, halte ich mich von Superlativen doch lieber fern – aber für mich ist „Die Odyssee“ schlicht ein Meisterstück. Die rund 70 Minuten zogen an mir vorbei wie die Winde der griechischen Küste, als das Licht erstarb und tosender Applaus aufbrandete, fühlte ich nicht mehr als eine unstillbare Leere und Traurigkeit ob dem Ende des soeben Erlebten. Diese Leere wurde zwar sogleich abgelöst von überschwänglicher Freude, zum Schluss blieb mir jedoch nur meine zaghafte Erinnerung an einen Abend, der mich mit mystischen Gestalten wie Kalypso, Polyphem und Kirke bekannt machte – und den ich mit Sicherheit so schnell nicht vergessen werde. Ein Abend, der sich in Form der Produktion „Die Odyssee“ gut und gerne in die Top 3 meiner bislang in Köln erlebten Theaterabende einreiht und somit in einer schier unglaublichen Wertung mündet, die wohl nur mit den Taten Odysseus‘ zu erklären ist…
——————
Fotos: Niklas Berg – Szene aus der Produktion „Die Odyssee“.
Zeiten:
28. Oktober 2021:
20:00 Uhr
4. November 2021:
20:00 Uhr
17. November 2021:
20:00 Uhr
20. Dezember 2021:
20:00 Uhr
21. Dezember 2021:
20:00 Uhr
22. Dezember 2021:
20:00 Uhr
Preise:
Eintritt: 17,00 €
Ermäßigt: 12,00 €
Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:
Horizont Theater
Adresse: Thürmchenswall 25, 50668 Köln
Kartentelefon:
0221 – 13 16 04
Webseite: https://www.horizont-theater.de/produktionen/odysee.html
KVB: Linien 12, 15, 16, 18: Ebertplatz