Et es wie et es! Als gebürtiger Düsseldorfer ins Hänneschen zu gehen, kann manchmal wehtun. Anti-Düsseldorf-Rufe, Verunglimpfungen des „Helau“-Slogans, wer ein wenig weiter den Rhing runter geboren wurde, braucht im Puppenspieltheater am Eisenmarkt ein dickes Fell. Würde ich es nicht besser wissen, ich hätte mich wahrscheinlich unangenehm berührt gefühlt. Aber Spaß ist Spaß und man geht ja bekannterweise ins Hänneschen, um sich zu amüsieren und um ein wenig über sich selbst zu lachen. Und da macht das aktuelle Familienstück „Et kölsche Jrundjesetz“ keine Ausnahme. Wie der Name schon verrät, dreht sich in der von Silke Essert geschriebenen Produktion alles um das kölsche Grundgesetz. Und die Lage ist ernst, denn das heilige Transkript wurde aus dem Rathaus gestohlen und nun müssen Hänneschen & Co. die kölsche Kultur retten. Was soll man machen, et kütt wie et kütt, und was bleibt den Knollendorfern auch schon anderes übrig? Auf geht die Verbrecherjagd!

Wer schon des Öfteren im Hänneschen gewesen ist, und wer mit den Figuren vertraut ist, der kann sich wahrscheinlich denken, wer für den Diebstahl des auf Papyrus geschriebenen Grundgesetzes verantwortlich ist. In einer Nacht- und Nebelaktion wird das Kölner Rathaus leergeräumt und wie nur soll Köln ohne die richtungsweisende Papyrusrolle auskommen? Nun könnte man einfach sagen „Et hät noch immer jot jejange“, „Wat fott es, es fott“, aber so einfach geben die Knollendorfer nicht auf.

Jeder Stein wird umgekrempelt, et bliev nix wie et wor, und die Suche nach dem Kläumanes führt die „Die 4 Fragezeichen“ (Hänneschen, Bärbelchen, Röschen und Köbeschen) vor das Kölner Rathaus, nach Knollendorf sowie an den Rhein. Wo ist nur die Schriftrolle, die so wichtig für das kölsche Zusammenleben ist? Jede Kulisse birgt Überraschungen für das Quartett, bzw. für das Quintett, zählt man den Dorfsheriff Schnäuzerkowski dazu, und wie so häufig ist die Umgebungsdarstellung unglaublich detailverliebt und einladend. Am liebsten würde ich bei der Suche helfen, aber ich begnüge mich mit der Zuschauerrolle und drücke die Daumen. Was auch sollte ich großartig ausrichten können als Immi, der mit dem kölschen Grundgesetz selbst nicht aufgewachsen ist? Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet! Also überlasse ich die Verbrecherjagd den Experten, den Stockpuppen auf der Bühne, und eigentlich ist meine Hilfe auch überflüssig, wie im Laufe der Inszenierung mehr und mehr ersichtlich wird…

Angeleitet werden die Aushilfspolizisten nämlich von der kölschen Siel (Seele), die in Form einer regenbogenfarbenen Kamelle stets mit dem Grundgesetz in Verbindung zu stehen scheint, und so folgen sie der Spur unter anderem mit vielen kleineren Liedern, die nicht nur mich begeistern, sondern auch das gesamte Publikum, das bei jeder Gelegenheit mitfeiert und mitsingt. Den Pänz im Saal scheint die Verbrecherjagd eine riesige Freude zu bereiten und ein kurzer Auftritt der Hänneschen-Band rundet die ausgelassene Partystimmung ab. Wat wellste maache? Die Atmosphäre ist greifbar, lässt mich nicht los und ich genieße das ekstatische Zusammenspiel von Ensemble und Publikum. Wäre da nur nicht das Problem mit dem gestohlenen Jrundjesetz…

Maach et jot, ävver nit ze off! Hier und da geht es drunter und drüber und als Hänneschen und Bärbelchen kurz vor der Lösung des Falls stehen, scheint es, als wäre das kölsche Grundgesetz für immer verloren und in den Gewässern des Rheins verschollen. Die Geschichte schreitet voran und wir erfahren, dass sie zu einem hohen Preis verkauft werden soll. Das kölsche Jrundjesetz für ein paar Taler verkaufen? Klingt zwar nach purem kölschen Klüngel, um jeden Preis Gewinne zu machen, aber wat sull dä Quatsch? Geht man so mit einem der wichtigsten Dokumente der Gegenwart um? Da könnte man ja gleich die amerikanische Verfassung zum Mond jagen, das wäre vom Prinzip und von den Auswirkungen her ähnlich tragisch. Ich fiebere mit, und es erstaunt mich ehrlich, da ich mir das Ende der Inszenierung schon vorstellen kann, aber die Geschichte ist so liebevoll und stimmig erzählt, dass ich jede einzelne Sekunde voll auskoste. Bin ich zu unkritisch? Nein. Ich lasse mich nur vollends auf die Produktion ein und sie gibt mir ein gutes Gefühl zurück.

Letztlich geht die Geschichte zwar so aus, wie man es sich von vornherein vorstellt, aber was wäre eine Hänneschen-Erzählung ohne Happy-End? Auf den Erfolg, dass das kölsche Jrundjesetz zum Schluss wieder im Rathaus landet, würde ich Hänneschen am liebsten auf einen Drink einladen; schade nur, dass Stockpuppen nicht wirklich trinken können. Als ich danach an der Pfeffermühle vorbeilaufe, wäre ich nicht alleine gewesen, ich hätte meiner Begleitung den zehnten Paragraphen des Grundgesetzes an den Kopf geworfen: Drinkste eine met? So bleibt mir nur meine stille Freude, dass alles nach Plan gelaufen ist, und dass das kölsche Lebensgefühl dank des unerbittlichen Einsatzes der Knollendorfer auch weiterhin geschützt sein wird. Hat die Produktion also meine Empfehlung? Ja. Und der Grund ist erschreckend profan: Do laachste dich kapott!

Zeiten 2019:

noch bis zum 27. Oktober 2019!

Zeiten 2020:

25. April bis zum 18. Juni 2020

Preise:

Kinder: 8,50 €
Erwachsene: 13,00 €

Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:

Hänneschen Theater
Adresse: Eisenmarkt 2 – 4, 50667 Köln
Telefon: 0221 – 258 12 01
Webseite: www.haenneschen.de
KVB:
Linien 1, 5, 7, 9: Heumarkt
Linien 106, 132, 133, 250, 260, 978: Heumarkt

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