Mit Kanonenbooten erzwangen die USA 1853 die Öffnung Japans für den Westen. Der technische Fortschritt eroberte das Land der aufgehenden Sonne – und die Fotografie verdrängte die traditionelle Kunst des Farbholzschnittes. Der inspirierte zwar noch die europäischen Impressionisten – und die wieder wurden ungewollt zum Retter der alten Kunst. Wie er im 20. Jahrhundert zu alter Größe zurückfand, zeigt die Ausstellung „Shin hanga“ im Museum für Ostasiatische Kunst.
„Shin hanga“ ist Programm, bedeutet es doch nichts anderes als „neue Drucke“. Treibende Kraft dieser Renaissance war vor allem der Verleger Watanabe Shozaburo. Doch beim großen Erdbeben von 1923, das auch durch den dadurch verursachten Stadtbrand allein in Yokohame über 100.000 Tote forderte, wurde auch sein Verlag und viele Druckstöcke zerstört. So sind Holzschnitte aus den Jahren davor heute eine Seltenheit. Vorherrschende Landschaftsmotive aus dieser Zeit sind dann auch in Köln nur wenige zu sehen.
In bester handwerklicher Tradition
Umso mehr dagegen aus den Jahren bis 1960. Doch die von Shozaburo durch aus mit kommerziellen Absichten auch nach 1923 geförderten Künstler brauchen den handwerklichen Vergleich mit Klassikern wie Hokusai, dem Schöpfer der berühmten Serie von Fuji-Ansichten, nicht zu scheuen. Motive vom städtischen Leben sind selten, die Landschaften sind fast ausnahmslos menschenleer. Der Betrachter kann sich so ganz auf die Stimmung konzentrieren – besonders beliebt waren Schneegestöber, das fahle Licht des Mondes, den strömenden Regen. Frappierend auch eine Serie, die mit dem gleichen Druckstock ein Segelboot im wechselnden Licht vom Morgen bis in die Nacht zeigt.
Neben Pflanzen und Tieren sind es dann aber vor allem Porträts. Etwa von klassischen Kabuki-Schauspielern, beliebter aber waren schöne Frauen, auch nackt. Die lasziv blickende Dame mit Zigarette und Cocktailglas könnte aus einem westlichen Magazin dieser Zeit stammen. Ebenso die Tänzerin im neckischen Charleston-Rock. Mag sich in den Landschaftsbildern eher eine Sehnsucht nach vergangener Idylle widerspiegeln, so zeigen die Porträts – auch stilistisch – die Aufgeschlossenheit für die neue Zeit mit ihren westlichen Einflüssen, wenngleich sie oft Auftragsarbeiten für Souvenirgeschäfte waren.
Die über 200 Exponate bieten einen faszinierenden Überblick, möglich durch die Leihgaben von vier privaten Sammlern. Von Yoshida Hiroshi, einem der führenden „Shin hanga“-Künstler, konnte das Museum einen 12-teiligen Wandschirm mit Tiger-Motiven kaufen.
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Foto 1: Sammlung Scholten – Oda Kazuma (1882–1956): „Fang von Nudelfisch bei Nakaumi, Izumo“ (aus der Serie Szenen aus San’in, Farbholzschnitt, 39,5 x 26,3 cm, 1924).
Foto 2: Jürgen Schön – „Shin hanga – Der moderne japanische Holzschnitt Japans 1900-1960“: Blick in die Ausstellung.
Foto 3: Rheinisches Bildarchiv Köln, Marion Mennicken – Yoshida Hiroshi (1876-1950): Teil des Stellschirms mit Tigergruppe, um 1925/26.
Zeiten:
bis zum 6. Juni 2022
Preise:
Normal: 9,50 €
Ermäßigt: 5,50 €
Katalog: 35,00 €
Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:
Museum für Ostasiatische Kunst
Adresse: Universitätsstraße 100, 50674 Köln
Webseite: https://museum-fuer-ostasiatische-kunst.de/Shin-hanga
KVB:
Linie 9: Universitätsstraße