Der Letzte wird der Erste sein

„Wir waren die letzten, die den Spielbetrieb eingestellt habe. Und wir sind die ersten, die ihn wieder aufnehmen!“ Sichtlich stolz stellt Hausherr Heinz Simon Keller das Programm für die Spielzeit 2020/21 vor. Doch zuerst muss die laufende, wegen Corona lange unterbrochene Spielzeit zu Ende gebracht werden. Am kommenden Samstag geht es wieder los – mit „:XXTANZTHEATER“ von Bibiana Jimenez, eine Koproduktion mit der Tanzfaktur. Und am 12. Juni dann die im März zwangsabgesagte Premiere von „Der Zauberer von Oz“.

„Wir haben der Stadt einen 38-Punkte-Plan vorgelegt, mit dem wir alle Hygiene und Abstandsvorschriften einhalten“, so Keller. Das Gesundheitsamt hat sich dessen Umsetzung auch schon angesehen, die Freigabe wird kurzfristig erwartet. So stehen unter anderem genug Desinfektionsmittel bereit, die Besucher müssen sich in Adresslisten eintragen und Abstand halten.

Platzangebot radikal reduziert

Folge: Statt rund 80 stehen für die Tanzproduktion im Tanzfaktur-Keller knapp 40 Plätze zur Verfügung. Und die Bühne ist durch eine durchsichtige Plastikfolie von den Zuschauern getrennt. Jiminez setzt sich mit der Geschichte der Kölner Malerin Marta Hegemann auseinander (1894-1970): Das Leben einer Frau in einer männerdominierten Welt. 

Beim „Zauberer von Oz“ in der großen Halle werden es nur 50 statt sonst 130 Plätze sein. Die Inszenierung wird nicht auf den Spuren von Judy Garland wandeln. Regisseur Tom Müller will die rassistischen und kolonialistischen Untertöne des Märchens aufspüren und hat dem Stück deshalb den Untertitel „There is no place like home“ gegeben: Bei ihm erweist sich das Land der Träume als Land voller Alpträume.

Anna Seghers „Transit“ eröffnet Spielzeit 2020/21

Die neue Spielzeit wird dann am 4. September mit „Transit“ nach dem Roman von Anna Seghers aus den 1940er Jahren eröffnet. Heinz Simon Keller inszeniert, „ich hatte jetzt Zeit, das Buch gründlich zu lesen“, sagt er und verweist auf dessen Aktualität angesichts der weltweiten Flüchtlingsbewegungen. Nach der mehrwöchigen Zwangspause brennt er förmlich darauf, wieder aktiv werden zu können: „Theater muss sein. Es ist die älteste Form der Kommunikation und der Interaktion.“

Den „Stillstand“, zu dem die Pandemie die Schauspielschule der Keller gezwungen hat, haben die Schülerinnen und Schüler auf Anregung von Volker Schmalöer genutzt, ihre Gedanken über ihr künftiges Leben niederzuschreiben. Daraus soll das Stück „Living in a Ghost Twon – Aufzeichnungen aus der Quarantäne“ entstehen, das im Oktober Premiere hat.

Im November folgt „Das süße Verzweifeln“ – ein Porträt des Moderators und Journalisten Andre Müller, der es in seinen Interviews immer wieder schaffte,  prominente Gesprächspartner wie Dolly Buster, Alice Schwarzer oder Henry Maske zu provozieren und ihnen so unerwartete Antworten entlockte.

Polit-Farce über die „Kulturpolitik“ der AfD

Das Jahr 2021 beginnt mit “Heidi Höcke steigt aus“: Ulrike Janssen will mit dieser „Polit-Farce mit zahlreichen Originaldokumenten in Wort, Bild und Ton“ die Angriffe der AfD auf die vielfältige demokratische Kulturlandschaft aufzeigen.

Fünfte Neuproduktion der kommenden Spielzeit schließlich ist „Agenda“, ein Stück, das mit dem Jungen (Laien-)Ensemble des Theaters entwickelt wird. .Dessen Produktion „Danke Merkel“ aus der vorigen Spielzeit hat bundesweit Anklang gefunden.

Nachdem das Theater der Keller nach 44 Jahren sein Domizil in der Kleingedankstraße verlassen musste, hatte es seit der vorigen Spielzeit Unterschlupf im Rechtsrheinischen bei der Tanzfaktur gefunden. Dieses Interim soll mit der Spielzeit 2021/22 zu Ende sein. Dann – so hofft man – soll der Umbau des ehemaligen, 130 Jahre alten Brauereikeller am Kartäuserwall beendet sein.

Foto: Jürgen Schön – Heinz Simon Keller setzt auf 38 Hygiene-Maßnahmen, um den Spielbetrieb im Theater der Keller wieder aufzunehmen.

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