virtūs* und Virtuelles

Jetzt dürfen wir uns nicht mehr sehn,
nicht herzen, streicheln, nicht mal küssen?
Das alles zählt als ein Vergehn,
weil wir jetzt Abstand halten müssen?

Das ist so was von irreal,
ich krieg das schlicht nicht auf die Kette.
Mit dir, das war echt epochal,
doch jetzt wird’s ne Verbaldublette.

Was Ganzheit war, ist nur noch Wort,
statt Hautkontakt gibt es jetzt Briefe.
Ich trau dem nicht von hier bis dort –
als ob ich nur in Watte riefe.

Ich kann das nicht, nur virtuell,
ich lebe nicht nur in Gedanken,
was das mir antut, ist echt grell,
grad daran werde ich erkranken.

*lat., Tapferkeit, Tugend, Tüchtigkeit, Leistung, Mannhaftigkeit

Hier auch in der Hörfassung:

Text und Ton: Michael Domas
Foto: Catharina Coblenz

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