Konzept-Fotografie im Fokus
Regelmäßig gewährt die SK Stiftung Kultur Einblick in ihre umfangreiche Photographische Sammlung. Jüngstes Projekt: Künstlerische Sichtweisen der 1980er und 1990er Jahre. Schon im November des Vorjahres sollte die Eröffnung sein. Doch Corona kam dazwischen. Jetzt endlich ist es so weit: Die Ausstellung „Von Becher bis Blume“ zeigt Fotos aus dem eigenen Bestand im Dialog mit Arbeiten aus der Sammlung Garnatz.
In den 1980er und 1990er Jahren war das Rheinland ein Zentrum der innovativen Fotografie: Experimente und Konzepte bestimmten die Szene. Prominente arbeiteten hier, Museen und Galeristen entdeckten die Fotografie. Rund 150 Arbeiten von 22 Künstlerinnen und Künstlern geben einen breiten Überblick über das damalige Geschehen. Darunter Jim Dine, Florin Neusüß, Thomas Ruff, Gina Lee Felber und Thomas Struth. Einige der Ausgestellten finden sich auch im Konvolut von Benjamin Katz: Er war der überaus geschätzte „Haus- und Hoffotograf“ der gesamten damaligen Kunstszene – ihm entging keiner.
Bernd und Hilla Becher begründeten eigene „Schule“
Die Konzept-Fotografie dieser Jahre wurde geprägt von der „Düsseldorfer Schule“ des Ehepaares Bernd und Hilla Becher, Dozenten an der dortigen Kunstakademie, und deren Schülern: streng dokumentarische Fotos vor allem von Städten und Industrieanlagen. Allen voran natürlich die Fabrikhallen und Zechen-Fotos der Bechers. Wilhelm Schürmann hatte den Blick für Kölns trostlose Ecken, Tata Runkholz sammelte in Düsseldorf Kioske, Candida Höfer sah sich in menschenleeren Museen und Restaurants um.
Vorläufer dieser Konzeptfotografie war etwa Werner Mantz, der um 1930 die Kölner GAG-Siedlungen fotografierte. Heute führt Boris Becker diesen Blick weiter. Beide dürfen in dieser Ausstellung natürlich nicht fehlen – sie öffnen den Blick für das Vor und Nach den „wilden Jahren“. Wie auch Chargesheimers Milieustudien vom kölschen Leben aus den 1950er Jahren.
Als Stühle und Hüte fliegen lernten
Experimente und kühne Inszenierungen waren der andere Schwerpunkt der wilden Jahre. Anna und Bernhard Blume ließen Stühle durch die Luft fliegen, Jürgen Klauke bevorzugte Hüte. Arnulf Rainer erfand die „Malerphotographie“, Astrid Klein lotete die „Zwischenbereiche“ aus.
Eine Sonderausstellung ist Rebecca Unz gewidmet, der August-Sander-Preisträgerin 2020. Ein gutes Dutzend Werke zeigen ihre Auseinandersetzung mit dem Thema Porträt. Dabei arbeitet sie nicht nur mit Fotos, sondern auch mit Stift und Tintenstrahldrucker. So entsteht ein breites Spektrum. Auf der einen Seite eher „klassischen“, bildfüllenden Schwarzweiß-Aufnahmen, bei denen das Licht die Köpfe zu eindrucksvollen Gesichtslandschaften modelliert. Daneben solche, bei denen die Köpfe hinter eisblumenartigen Gebilden verschwinden oder sich in verschwommene Kreise auflösen – die Persönlichkeit der Abgebildeten ist nur noch zu erahnen
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Foto 1: VAN HAM Art Estate: Tata Ronkholz – Tata Ronkholz: „Trinkhalle, Sankt-Franziskusstraße 107“ (1977).
Foto 2: VG Bild-Kunst, Bonn 2020 – Anna und Bernhard Blume: aus „Telekinetisch hysterische Szene (aus der Serie Trautes Heim“)“ (1986/87).
Foto 3: Wilhelm Schürmann – Wilhelm Schürmann: „Ohne Titel (Bauwagen und Blick auf Kölner Dom)“ (1988)
Zeiten:
Bis zum 8. August 2021
Preise:
Eintritt: 5,50 €
Ermäßigt: 3,00 €
Kontaktdaten und Anfahrtsbeschreibung:
SK Stiftung Kultur
Adresse: Im Mediapark 7, 50670 Köln
Webseite: www.photographie-sk-kultur.de/ausstellungen/aktuell/#c1655
KVB: Linien 12, 15: Mediapark