Ein buntes Programm zum Wiederbeginn

„Die Vorgaben kamen in Salamitaktik, ohne Struktur – ein Dschungel“, beschreibt Volksbühnen-Chef Axel Molinski die Schwierigkeit, das Theater auf die Nach-Coronazeit vorzubereiten. 30 Seiten über umgesetzte Maßnahmen reichte er beim Gesundheitsamt ein, wartet nun auf die Freigabe. Am 8. Juni soll es so weit sein: Dann nimmt die „Volksbühne am Rudolfplatz“ nach langer Coronapause den Spielbetrieb wieder auf. Und so bunt soll das Sommerprogramm aussehen.

Zum Auftakt wird „Suite Grande Royal“ uraufgeführt: eine „warmherzige Komödie über Wahrheit und Schein“, so die Ankündigung. Die vier Protagonisten treffen sich nach einer Preisverleihung, beim Flaschendrehen entwickelt das Partyspiel eine überraschende Dynamik. Dabei kommt manches zum Vorschein, was vielleicht besser verborgen geblieben wäre. Der besondere Clou der Inszenierung: Sie wird zeitgleich gestreamt – und die Reaktionen des Publikums im Saal und vor dem Bildschirm werden spontan aufgegriffen und eingebaut. Tickets für die Streams sind online erhältlich (Hier)

Drei der Schauspieler – Petra Blossey, Tatiani Katrantzi und Sebastian Feicht (auch Regie) – standen schon gemeinsam in der RTL Serie „Unter uns“ vor der Kamera. Sylvia Agnes Muc vervollständigt das Quartett.

Nachbarschaft reist über die Aachener Straße

Weil das gegenüberliegende Theater im Bauturm noch nicht weiß, wie es die Hygienevorschriften ohne allzu großes finanzielle Einbußen umsetzen kann, gibt die Chefetage mit Lorenz Leky, Bernd Schlenkrich und René Michaelsen ein Gastspiel in der Volksbühne. Sie hinterfragen die Reisewut, die nach Corona zu erwarten ist. In „Sommerloch – eine „Reisewarnung“ zitieren sie von Kant bis Schiller Größen der Weltliteratur, die es alle nicht so hatten mit der Sehnsucht in die Ferne.

Öffentliches und gemeinschaftliches Singen – etwa in Gottesdiensten – war während des Corona-Lockdowns nicht erlaubt. So wandelt Björn Heuser vorsorglich seine traditionellen Mitsing-„Montagslieder“ in Mitbrummlieder um. Bei seinen kölschen Anekdoten sollen die Besucher eher in sich hineinhören. Gleiches strebt auch Torben Klein an, wenn er zu „Klein bei Wein“ einlädt. Damit es nicht bei einer trockenen Ankündigung bleibt, werden an diesem Abend kleine Tischchen zwischen den Zuhörern aufgestellt, auf denen der Rebensaft serviert werden kann.

Angebote auch für Kinder und Jugendliche

Kita und Schule kann die Volksbühne nicht ersetzen. Aber sie bietet Wiedergutmachung für die Kinder und Jugendlichen an, die von der Politik während der  der Corona-Pandemie sträflich vernachlässigt wurden. Das Puppenspielerinnen-Duo „Engel & Esel“ lädt mit „Fridolin in Köln“ Kinder ab 2 Jahren zu einem unterhaltsamen Trip durch die Domstadt ein. Johannes Stankowski stellt am 21. Juni mit seiner Band das aktuelle Album „Tausend schöne Dinge“ vor.

Ein heißes Eisen packen Jugendliche des Ehrenfelder Berufskollegs mit „Queer denken – einfach ich sein“ über Transsexualität, Schwul- und Lesbischsein an. Sie verarbeiten darin eigene Erfahrungen – kein leichtes Unterfangen, denn insbesondere unter Migranten ist ein Leben jenseits von Heterosexualität ein oft gefährliches Tabuthema.

Im August schließlich kommt die Bonner Springmaus mit ihrem Improvisationsmusical „It’s my musical“ in das ehemalige Millowitsch-Theater – garantiert jeden Abend anders. Schließlich bestimmt auch hier das Publikum den Fortgang.

Stimmung trotz Hygiene-Abstand

Hausherr Molinski ist überzeugt, dass auch unter coronabedingten Hygienebedingungen Stimmung in der Volksbühne herrschen wird. Denn um etwa die Abstandsvorschriften – mindestens 1,5 Meter – einzuhalten, wurde jede zweite Sitzreihe entfernt oder gesperrt. Und je zwei gesperrte Sitze wechseln mit zwei „erlaubten“. Folge: statt der 400 Plätze sind jetzt nur 130 freigegeben. Schon im langen Eingangsfoyer sind Ein- und Ausgang getrennt, gleiches gilt für die Treppenhäuser. Und selbstverständlich gibt es genug Desinfektionsmittel-Spender.

Harsche Kritik an der Kulturförderpolitik der Stadt übte bei der Vorstellung des Sommerprogramms Kölnticket-Geschäftsführer Johannes Müller. Mit der Notfallhilfe für die Lanxessarena oder den 500.000 Euro für die ausgefallene Lit.Cologne hätte man auch 100 Kulturschaffenden helfen können. Aber es gelte wohl: „Wer am lautetsten ruft, dem wird am ehesten geholfen.“

Foto1: Jürgen Schön – Die Künstler des Sommerprogramms üben sich im Volkstheater am Rudolfplatz schon einmal im Abstandsitzen. 
Foto2: Jürgen Schön – Dank Corona streng geregelt: Theatergründer Willy Millowitsch sagt, wo’s langgeht. Links von ihm ist jetzt der Ausgang.

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